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mütterliche Freundin, vielleicht die gütigste und sonnigste, wirklich erwärmende Matrone, die ich kenne, nimmt ja an allem lebhaften Anteil. Über ihres großen Jungen Verdachtsgründe gegen Frau Lüning lächelte sie nachsichtig, und nachher fragte sie so nebenher:

„Und der Diener Josef Strahl, der bei seinem Verhör ohnmächtig wurde?!“

Weltkluge, mit allen menschlichen Schwächen vertraute Augen blickten Harald forschend an.

„Solltest du an diesen Strahl noch gar nicht gedacht haben, Harald? Niemand sah den Täter, nur er und das arme junge Mädchen.“ – Sie sprach nicht aus, was sie nur in Gedanken hinzufügte. Und das war der einfache Satz: „Strahl ist genau so verdächtig wie Frau Lüning.“

Harald schaute auf seinen Teller. „Er wird überwacht, liebe Mama … Fünf Tage sind seit dem Raubanfall verstrichen. Heute hat Strahl seinen freien Abend … Er konnte ja sehr bald aus dem Sanatorium entlassen werden. Der Anfall von Herzschwäche war nicht so arg.“

Frau Harst nickte zufrieden. „Das heißt also, ihr beide werdet heute abend Strahl beschatten, verfolgen …“

„Allerdings, liebe Mutter.“

„Und ihr werdet vorsichtig sein!“, mahnte sie leise. „Mein großer Junge, ich habe ja nur dich, – – und Schraut, – – und Mathilde … Soll ich mit siebzig Jahren etwa an der Bahre meines Sohnes trauern?!“

Harald nahm ihre Hand, und in seinen Augen schimmerte neben all der tiefen Zärtlichkeit ein Flämmchen, das immer heller brannte.

„Mutter, wir werden vorsichtig sein … Gewiß, wir werden mit Gegnern rechnen müssen, die keine Rücksichten kennen. Soll ich deshalb, Mutter, die Gedanken, die mein Hirn mühsam als den einzigen Weg zur Aufklärung dieses Falles herausschälte aus einem schlau zusammengetragenen Berg von Widersprüchen und Ablenkungsmanövern, der Polizei

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der weiße Maulwurf. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1932, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_wei%C3%9Fe_Maulwurf.pdf/19&oldid=- (Version vom 31.7.2018)