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Dieser Plattform zu bewegte sich ein festlicher Zug, voran zwei Priesterinnen. Zwischen ihnen schritt Richard dahin, in ein weißes Gewand gekleidet, mit Bronzeringen geschmückt und gefesselt.

Was nach seiner Gefangennahme geschehen war, davon wußte er wenig, alles kam ihm wie ein Traum vor – und nun sollte er dort auf dem Altar zur Ehre des Sonnengottes geschlachtet werden.

„Das ist ja gar nicht möglich, das ist doch nur ein böser Traum,“ dachte er fort und fort.

Doch das half ihm alles nicht, änderte nichts – er wurde die Stufen hinaufgeführt, die Frauen hoben ihn auf den Stein, schnallten ihn, der auf dem Rücken ausgestreckt lag, fest, und über ihm wetzte ein Priester das Bronzemesser.

„Mein Gott, mein Gott,“ jammerte Richard, „ist denn das nun wirklich kein böser Traum, aus dem es kein Erwachen giebt?“

Da senkte sich die Hand mit dem Messer auf seine Brust herab.

„Ich träume ja nur!“ schrie Richard den Priester an. Doch dieser verzog keine Miene, er murmelte nur:

„Nimm wohlgefällig dieses Opfer an!“

Richard stieß einen gellenden Schrei aus. Das spitze Messer bohrte sich ihm ins Fleisch, er empfand einen stechenden Schmerz im Herzen, und – –

– – – – – – – – – – – – – – – –

Im Angstschweiß gebadet, erwachte Richard und sah sich im Bett seines Schlafzimmers liegen. Es war heller Morgen.

Erst sah er sich entsetzt, dann erstaunt um, ein Blick aber nach der Kammerthür, und er brach in ein schallendes Gelächter aus und wollte mit einem Satze aus dem Bette springen. Da merkte er, daß er an beiden Füßen gelähmt war, was ihn jedoch durchaus nicht betrübte, denn er lachte noch einmal auf.

„Nein, solch ein merkwürdiger Traum!“ rief er ein über das andere Mal. „Und so natürlich! Und alles so folgerichtig,

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Robert Kraft: Der letzte Höhlenmensch. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_letzte_H%C3%B6hlenmensch.pdf/41&oldid=- (Version vom 31.7.2018)