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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

Morde an dem weitsichtigen Karl Liebknecht und der hochgesinnten Rosa Luxemburg. Dann wurde Kurt Eisner, Bayerns Ministerpräsident, ermordet. Sein Mörder, ein Graf Arco, war der Sohn einer jüdischen Mutter. Das reine und große Herz Gustav Landauers wurde buchstäblich mit Füßen zertreten. Dann wurde Leo Jogisches geopfert und der beste Kopf der Revolution, Eugen Leviné. - Mühsam, Toller, Fechenbach wurden eingekerkert. Walter Rathenau, der deutsche Außenminister, fiel als Opfer eines Mordkomplotts romantischer Knaben. Und plötzlich wurde durch die Zeitungen bekannt, daß ein verkommener Bube, im Solde einer Koterie nationalgesinnter Männer, Maximilian Harden im Dunkel der Nacht hinterrücks überfallen und mit einer Eisenstange achtmal seinen Schädel eingeschlagen habe. Jenes Gehirn, das drei Jahrzehnte lang den führenden Deutschen als eines der leuchtenden gegolten hatte.

Und man ließ es geschehen? ... Nein! Man jubelte, man jauchzte! Man sah in der abgefeimten Tat eine Ehrentat im Dienst des Vaterlandes. Es trat zutage, daß Zehntausende den Mann beneidet oder genützt, jeder ihn gefürchtet, keiner ihn geliebt hatte. Er war wirklich für Deutschland: ein Fremder.

Dank der Kunst eines bedeutenden Chirurgen kam er mit dem Leben davon, zwar für den Rest seiner Tage gebrochen, aber doch immerhin noch kampffähig und geistesstark.

Er erwartete nun (und das war selbstverständlich), daß seine Mörder öffentlich zur Verantwortung gezogen würden. Aber der Generalstaatsanwalt betrieb die Verfolgung so lässig, die Gerichte arbeiteten so langsam, die

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/199&oldid=- (Version vom 5.7.2016)