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viele Namen wie bunte Westen, jetzt ist seine Weste durchlöchert und verdorben – armer Teufel, ein Kerl wie er verdiente den gesetzlichen Tod, – – wie kommen Sie beide hierher, Harst?“

Harald erwiderte mit größter Höflichkeit: „Ich glaube, ich hätte Sie mehr zu fragen als Sie mich, Mr. Froest. Was haben Sie photographiert?“

Froest entgegnete ausweichend: „Ein Stilleben und einen Gentleman ohne Golfstöcke. Das wird Sie kaum interessieren. Bei der Nachlaßversteigerung wird man die Golfstöcke berücksichtigen müssen. – Spielen Sie auch Golf, Miß Saalfield, oder haben Sie sich ganz der modernen Kunst gewidmet, Menschen recht ähnlich wiederzugeben? Das ist schwer, sehr schwer, sage ich Ihnen. Der beste Maler, den ich kannte, war der Frauenmörder Crippen, der tatsächlich jeden Tag anders aussah. Ich sah immer gleich aus, und schließlich flüchtete Crippen mit dem Dampfer „Montrose“ nach Kanada. Leider war’s zu einer Zeit, als Marconi die Funkerei bereits so weit gefördert hatte, daß die Montrose als eins der ersten Schiffe einen Empfänger an Bord hatte. Ich funkte dem Dampfer das Nötige, und Crippen wurde bei der Landung verhaftet und zurückgebracht und gehenkt.[WS 1] Seine Geliebte, Miß Le Neve, eine unschuldsvolle Taube, entging demselben Schicksal lediglich durch die Kunst der Anwälte. Ich war sehr unzufrieden damit. Nun, vielleicht gibt es heute nicht mehr so tüchtige Verteidiger und so rücksichtslose Detektivoberinspektoren, wie ich einer war.“

Heloise Saalfield rief leise: „Erzählen Sie doch nicht so gräßliche Dinge!! – Hat Doktor Lücke etwas entdeckt? Was wollte der Mann hier? Wie ist er eingedrungen?“ –

– Ich habe stets meine Freude daran, Haralds Art einer besonderen Unterhaltung zu bewundern. Im Vergleich zu Frank Castle Froest erschien mir Harst

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Dr. Crippen ging in die Kriminalgeschichte als erster Verbrecher ein, der mit Hilfe der drahtlosen Kommunikation verhaftet werden konnte.
Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)