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es dauerte nicht lange, da kamen die befreiten Neger in angstvoller Hast durch die Großluk an Deck gewimmelt. Eine Weile starrten sie hier ratlos um sich, dann kauerten sie nieder, wo sie eben standen.

Die Kanonade dauerte auf beiden Seiten fort, und bald richteten die Spanier auch noch ein heftiges Gewehrfeuer auf uns, von dem zunächst einige der Schwarzen getroffen wurden. Als Langfeld dies gewahrte, ließ er die drei Boote des Schoners zu Wasser bringen und die Schwarzen hineinschaffen, wobei unsre Leute vorübergehend die Geschütze im Stich lassen mußten.

Da geschah das Unglaubliche – kaum hatten die Spanier unsre Absicht erkannt, da richteten sie ihr Feuer gegen die Boote und deren wehrlose Insassen, und wir waren gezwungen, die Unglücklichen in Eile wieder an Bord zu ziehen, um sie vor brutaler Abschlachtung zu bewahren.

Obgleich es Burke gelungen war, viele von ihnen von den schweren Ketten zu befreien, mit welchen sie untereinander gefesselt waren, so schleppten die meisten doch noch eiserne Fesseln an den Füßen mit sich. Diese wurden nun abgeschlagen, und dann hievten wir die armen Menschen über Bord, um ihnen Gelegenheit zu schaffen, an Land zu schwimmen und dort das Weite zu suchen.

Während dieser Zeit hörten die Spanier mit dem Schießen nicht auf und überschütteten uns mit einem wahren Hagel von Geschossen jeglicher Art; die Luft war von erstickendem Pulverrauch erfüllt, in dem nichts als die Blitze der Kanonen und Gewehre erkennbar waren; die ganze Luft erbebte vor dem Getöse und Geknatter des Feuerns, dem Gebrüll der Kämpfenden und dem Geschrei der Verwundeten und Sterbenden. Dazu kam das gellende Gekreisch der Schwarzen, die, halb wahnsinnig gemacht durch die sie umgebenden Schrecken, unsre wohlmeinende Absicht nicht begriffen und sich verzweifelt gegen das Überbordwerfen sträubten.

Und in all diesem Tumult kam Mastersmaat Burke aus dem Raum an Deck getaumelt, aus einer schweren Splitterwunde am Kopf blutend;

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)