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ein – so. Die Sklavenflottille und die Mündung des Creeks liegen also irgendwo auf diesen beiden Linien; es fragt sich jetzt bloß noch – wo? Ich will Ihnen zeigen, wie ich diese Frage beantwortet habe. Holen Sie mir mein Teleskop, das in meiner Kammer am Schott hängt.“

Brennend vor Interesse eilte ich davon und kam sogleich wieder mit dem Tubus zurück; das Glas war nicht groß, aber von hervorragender Schärfe, „made in Germany“ natürlich.

Langfeld zog es aus und zeigte mir eine lange Reihe kleiner numerierter Striche auf dem polierten Messingrohr.

„Da Sie es nicht wissen können, was es mit diesen Strichen für eine Bewandtnis hat, so will ich es Ihnen erklären. Ehe ich in die deutsche Reichsmarine eintrat, diente ich in der holländischen Marine und war zwei Jahre auf einem Vermessungsschiff in den ostindischen Gewässern. Die Vermessungsarbeit besteht größtenteils im Messen von Winkeln und Linien. Die Winkel findet man mit Hilfe des Kompasses, aber die Messung der Linien verursachte mir zuerst viel Mühe und Kopfzerbrechen. Wo es angängig ist, tut ja die Meßkarte die besten Dienste, aber das Arbeiten mit ihr ist umständlich und zeitraubend. Nach und nach gelang es mir, ein andres Verfahren auszutüfteln. Ich übte mich im Distanzschätzen nach Augenmaß und gelangte nach unablässiger Übung zu einer großen Fertigkeit und Sicherheit darin.

„Ich möchte Ihnen und allen andern jungen Seeoffizieren raten, dasselbe zu tun; Sie glauben gar nicht, wieviel Nutzen Sie daraus ziehen können. Aber die Zeit kam bald, wo ich auch hiermit nicht mehr zufrieden war. Ich erstrebte eine Methode, die eine gleiche Schnelligkeit, aber eine noch größere Sicherheit gewährleistete.

„Lange grübelte ich darüber nach und kam endlich auf die Idee, das Teleskop dabei zu verwenden. Und zwar auf folgende Weise. Wenn Sie durch Ihr Teleskop einen Gegenstand betrachten, der eine halbe Seemeile entfernt ist, und darauf das Rohr auf einen andern, vier Seemeilen entfernten Gegenstand richten, dann müssen Sie, um diesen zweiten Gegenstand so deutlich sehen zu können wie den ersten,

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)