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In einem Theile Oestreichs giebt es eine Sage, die mit den vorhergehenden eine gewisse Aehnlichkeit bietet, obgleich sie ursprünglich slavisch ist. Es ist die Sage von den gespenstischen Tänzerinnen, die dort unter dem Namen „die Willis“[1] bekannt sind. Die Willis sind Bräute, die vor der Hochzeit gestorben sind. Die armen jungen Geschöpfe können nicht im Grabe ruhig liegen, in ihren todten Herzen, in ihren todten Füßen, blieb noch jene Tanzlust, die sie im Leben nicht befriedigen konnten, und um Mitternacht steigen sie hervor, versammeln sich truppenweis an den Heerstraßen, und Wehe dem jungen Menschen, der ihnen da begegnet! Er muß mit ihnen tanzen, sie umschlingen ihn mit ungezügelter Tobsucht, und er tanzt mit ihnen, ohne Ruh und Rast, bis er todt niederfällt. Geschmückt mit ihren Hochzeitkleidern, Blumenkronen und flatternde Bänder auf den Häuptern, funkelnde Ringe an den Fingern, tanzen die

Annmerkungen (Wikisource)

  1. Heine erwähnt die Sage von den Willis mehrfach, nämlich außer hier noch in Der Doktor Faust, Florentinische Nächte und Lutetia. Als Heines Quelle wird vermutet entweder Therese von Artner: Der Willis-Tanz. Eine slawische Volkssage. in: von Hormayr/ von Mednyansky (Hrsg.): Taschenbuch für vaterländische Geschichte. Jg. 3 (N.S.). Wien 1822. S. 240 ff. oder Johann Mailáth: Magyarische Sagen und Mährchen. Trassler, Brünn 1825.


Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Heine: Elementargeister. Hamburg: Hoffmann und Kampe, 1837, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Salon_(Heine)_III_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)