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Talmud Stellen enthalten seien, welche den Ritualmord gestatten oder anempfehlen, oder gar dazu auffordern. In der letzteren Hinsicht sagt der „Kenner der rabbinischen Litteratur“, die „wenigen Stellen im Talmud, die dahin gedeutet werden könnten, seien unsicher, dagegen strotzten die übrigen Schriften der Rabbiner förmlich von Blut“. (S. 64.) Dieser Ausspruch sowie die darauffolgenden Beweisstellen sind den Schriften Dr. Rohlings entnommen, und nachdem wir dieselben schon früher besprochen haben, dürfen wir füglich über dieselben hier zur Tagesordnung übergehen. Welchen Wert der Mann übrigens selbst seinem „Gutachten“ beilegt, dürfte schon daraus ersichtlich sein, daß er sich fürchtet oder schämt, mit seinem Namen für den Inhalt desselben einzustehen.

Nur Eine Neuigkeit weiß dieser „Kenner der rabbinischen Litteratur“ uns mitzuteilen. Er erzählt uns nämlich, daß die Griechen in Alexandrien sich dadurch vor dem Ritualmord wahren und ihre Kinder vor barbarischen Martern schützen, daß sie wochenlang vor Ostern immerwährend die Glocken läuten und die Gemeinde mit ehernen Zungen vor dem hinterlistigen Feinde warnen. (S. 66.) – Das war mir wirklich neu; sofort ließ ich wegen des Geläutes in Alexandrien anfangen, und wie lautete die Antwort? An der ganzen Behauptung sei kein wahres Wort. Sie ist also ein kolossaler Schwindel. – Im übrigen bildet dieser Schluß des letzten „Gutachtens“ einen sehr passenden Abschluß der Umfrage über den Blutmord, indem das Geläute, von welchem das Gutachten spricht, auch das Grabgeläute für den Ritualmord-Aberglauben ist, mit welchem das Leichenbegängnis desselben würdig abschließt. –

Am Schlusse der Antworten, die auf die Umfrage der Staatsbürger-Zeitung über den Blutmord gegeben worden sind, fühlt man sich unwillkürlich genötigt, auf den Anfang derselben einen Blick zurückzuwerfen, und sämtliche Antworten noch einmal in einem Gesamtbilde dem Auge des Geistes vorzustellen. Indem wir das thun, und die Antworten unbefangen auf uns wirken lassen, finden wir durch den Eindruck, den sie auf uns machen, das Urteil bestätigt, das wir bereits abgegeben, und den Vergleich vollkommen gerechtfertigt, den wir gezogen haben. Mit vollem Rechte haben wir gesagt, daß die Staatsbürger-Zeitung durch ihre Umfrage über den Blutmord das

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/93&oldid=- (Version vom 31.7.2018)