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Hexenprozesse ihren Anfang nehmen und die Scheiterhaufen rauchen. Wer der sehr gelehrte zum Christentum bekehrte Jude war, welcher von der Mahnung eines sterbenden Juden an seine Glaubensgenossen, daß sie Christenblut gebrauchen sollten, gehört haben will, hat uns Thomas nicht mitgeteilt. Wenn es, wie Professor Dr. Strack meint, Donin von La Rochette gewesen ist, den Thomas in Paris kennen lernte, wo Donin eine Disputation mit Rabbinern hatte, dann will ich bemerken, daß derselbe ein großer Judenfeind war, auf dessen Betreiben alle Talmud-Exemplare verbrannt wurden, deren man habhaft werden konnte. Eine Andeutung vom jüdischen Blutgenuß scheint er in denselben übrigens nicht gefunden zu haben, den sonst hätte er es gewiß erwähnt und sich nicht mit der Aussage eines unbekannten Sterbenden begnügt. Auf Grund dieser Aussage waren es gewöhnlich vier Punkte, die man sich von den des Ritualmords angeklagten Juden unter der Folter bestätigen ließ: das Christenblut sei heilsam zur Stillung der Beschneidungswunde, zur Heilung des Blutflusses, an dem auch die jüdischen Männer litten, zur Erweckung von gegenseitiger Liebe, und es sei eine alte geheime Satzung, Gott Christenblut zu opfern.

Was von den unter der Folter abgelegten Geständnissen zu halten, und welcher Wert denselben beizulegen ist, habe ich wohl nicht nötig, näher auseinanderzusetzen. Ich darf hinweisen auf das in meiner Schrift bereits Gesagte, auf den Jesuitenpater v. Spee, der den durch die Folter erpreßten Geständnissen nicht den geringsten Wert beilegte, an den Ritualmord-Prozeß in Regensburg, in welchem die zum Tode verurteilten und hingerichteten Juden alles gestanden hatten, was man wünschte, obwohl sich ein Jahr später herausstellte, daß sie den fraglichen Mord gar nicht begangen haben konnten, oder an den Ritualmord-Prozeß in Pösing, durch welchen etwa dreißig Juden wegen Ermordnung eines Christenknaben verbrannt wurden, welcher später frisch und gesund in Wien gefunden wurde. Und die Juden hatten gestanden, daß sie mit Federkielen das Blut aus dem Leibe dieses von ihnen getöteten Knaben gesogen hätten!

Bei dieser Gelegenheit will ich aber nicht unterlassen, eine irrige Angabe in betreff des Blutprozesses in Damaskus zu berichtigen. Die dort erwähnten Briefe des bayerischen Majors v. Hailbronner sind nämlich nicht in der Augsburger (jetzt Münchner) Allgemeinen Zeitung,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)