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letzter Kraft in einen schilfreichen Seitenarm, drückte den Nachen in die hohen Schilfstengel und streckte mich auf den Boden zum Schlummer hin.

Als ich wachgerüttelt wurde, war der Morgen da. Fahle Dämmerung lag über der Umgegend. Und vor mir standen Russen, – vier Infanteristen in braunen Mänteln und auch ein kleiner Offizier, dessen Stiefel aufdringlich nach Juchten rochen.

Ich wurde gefesselt, und mit verbundenen Augen trabte ich dann, durch Stöße mit dem Lanzenende aufgemuntert, wohl zwei Stunde zwischen Kosaken eine Chaussee mit vielen Granatlöchern entlang.

Dann ging es auf Straßenpflaster zwischen Häusern weiter. Fuhrwerke, Kolonnen und Kavallerie zogen vorüber. Endlich bogen wir in ein Haus ein. Zwei Treppen noch, und ich bekam die Augen wieder frei. – Ein deutschsprechender Offizier verhörte mich. Er hatte lackierte Fingernägel, viele Brillantringe und eine beißend ironische Art. Mehrmals wäre ich ihm am liebsten an die Kehle gesprungen.

Ich sollte durchaus zugeben, daß ich Spion sei. Schließlich antwortete ich überhaupt nicht mehr.

„Mittags um zwölf vor’s Standgericht“, befahl er und verließ das Zimmer. Es war die Eßstube einer eleganten Privatwohnung.

Man brachte mich jetzt in den Keller desselben Hauses. Dort saß schon ein Förster gefangen. Auch er sollte als Spion abgeurteilt werden.

Der Kellerraum ging nach dem Hofe heraus. Das einzige schmale Fenster war vergittert, und die Tür aus Eichenholz. Außerdem waren wir beiden Unglücklichen gefesselt: die Hände auf dem Rücken.

Der Förster hatte einen Schuß durch den linken Oberarm. Der Ärmel war ganz steif von Blut, der Mann selbst mehr tot als lebendig. Er war so stumpf, so erschöpft,

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W. Belka: Der Mumiensaal. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Mumiensaal.pdf/6&oldid=- (Version vom 31.7.2018)