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Nein – unter diesen Umständen war es doch wohl besser, wenn ich mich dem Schutze der Mumie wieder anvertraute. Vorher aber wollte ich noch aus meiner kleinen Behausung alles entfernen, was mich verraten, das heißt, was darauf hindeuten konnte, daß in der Kammer jüngst noch ein Mensch sich aufgehalten haben müsse. Jeden Gegenstand, der Verdacht erregen konnte, stopfte ich daher in das Versteck in dem Ruhebett. Immerhin nahm dies einige Zeit in Anspruch. Als ich dann den Mumiensaal wieder betrat und das schwere Gewebe vor der Tapetentür unten festhakte, hörte ich schon, daß es in den Korridoren des Museums sehr lebhaft zuging.

Schleunigst schlüpfte ich in den Mumiensarg. Das bankähnliche Gestell erhielt seinen Platz wieder unter dem Fester. So gut es in der Dunkelheit ging, glättete ich die Decken über mir und legte die Mumie zurecht.

Dann hieß es warten. Ich kann nicht sagen, dass ich Furcht empfand. Ich verließ mich eben ganz sicher auf diesen uralten, unheimlichen Schlupfwinkel, in dem es so merkwürdig aromatisch roch.

Plötzlich Schritte und Stimmen im Saale; aber auch das feine Klirren von Sporen. – Sollten etwa auch Offiziere sich an der Suche beteiligen?!

Bald leiser, bald lauter vernahm ich eilfertiges Hinundhergehen, Sprechen und Zurufe, ebenso das Fortschieben schwerer Gegenstände, fraglos der Schränke, die an der Ostseite des Saales an der Wand standen.

Dann ganz nahe bei mir Sporenklirren … Jetzt eine Stimme in gebrochenem, hartem Deutsch:

„Wissen Sie, wie alt diese Mumie sein mag?“

Und in breitem Ostpreußisch erwiderte ein rauer Baß:

„Auf achthundert Jahre schätzt man sie, Herr Hauptmann.“

„So … Ein ganz großes Alter. – Und der Kasten stammt auch aus Peru?“

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W. Belka: Der Mumiensaal. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Mumiensaal.pdf/30&oldid=- (Version vom 31.7.2018)