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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

„Also haben wir nu das ganze Sacrament, beide was es an ihm selbs ist und was es bringt und nützt. Nu muss man auch sehen, wer die Person sei, die solche Kraft und Nutz empfahe.“ Für die Person fordert er Glauben und sagt (34): „Wer nu ihm solchs lässet gesagt sein und gläubt, dass es wahr sei, der hat es; wer aber nicht gläubt, der hat nichts, als der’s ihm lässt umsonst fürtragen und nicht will solchs heilsamen Guts geniessen. Der Schatz ist wohl aufgethan, und jedermann für die Thür, ja auf den Tisch gelegt; es gehört aber dazu, dass Du Dich auch sein annehmest und gewisslich dafür haltest, wie Dir die Worte geben.“ Was hat also der, der glaubt? Den Nutzen des Sacraments hat er, also die Vergebung der Sünden, und der es nicht glaubt, hat nichts, d. h. er hat keinen Nutzen davon. Nicht sagt Luther, dass ein solcher nicht Leib und Blut Christi habe, nur sagt er, er habe keinen Nutzen davon. Ist Lutherischerseits je anders gelehrt worden? Immer hat man zwar gesagt: Würdige wie Unwürdige empfangen Leib und Blut Christi, nie aber hat man gesagt: Würdige und Unwürdige haben den gleichen Nutzen davon.

 Aber Luther nennt doch das Abendmahl (23) „eine Speise der Seelen, die den neuen Menschen stärkt und nährt“ und sagt doch (36), „dass man diesen Schatz nicht anders ergreifen und zu sich nehmen könne denn mit dem Herzen.“ Damit soll die Sacramentslehre geradezu im Lichte des reformirten Dogmas vorgeführt sein.

 So ist es, wenn das reformirte Dogma dahin lautet, dass Leib und Blut, d. i. Leib und Blut in, mit und unter Brod und Wein, eine Speise der Seele sei, aber auch nur dann, und dann hätten die Reformirten aufgehört Reformirte zu sein. So aber lehrt Luther und lehren nicht die Reformirten. Er nämlich schliesst unmittelbar an die Worte: „darum heisst er mich essen und trinken (nämlich seinen Leib und sein Blut), damit es mein sei und mir nütze“ die Worte an: „darum heisst es wohl eine Speise der Seelen.“ Dass aber Christi Leib keine Bauchspeise sei, wie oft hat Luther das gesagt; und wem anders soll der Genuss zu gut kommen als der Seele, wenn doch der Nutzen davon die Vergebung ist; und womit anders soll man denn glauben als mit dem

Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/84&oldid=- (Version vom 1.10.2017)