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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

einen Punkt über das Abendmahl auf Seite Luthers, sondern auch in Betreff der kirchlichen Einrichtungen, der Verfassung und der Cultusformen theilten sie die Anschauungsweise Luthers. Vorerst jedoch richteten sie ihr Hauptaugenmerk auf die Abendmahlslehre und ihre Absicht ging dahin, mit den Worten auch die Vorstellung Luthers vom Abendmahl allmälig zur herrschenden zu machen.[1]

 In Bern also hatte Bucer gute Aussichten. Um dieselbe Zeit konnte Bucer Luthern auch von Basel Gutes melden. In letzterer Stadt hatte er von Anfang an an Myconius einen treuen Helfer. Dieser war zwar eigentlich nie lutherisch gesinnt, aber ging doch so in die Bestrebungen Bucers ein, dass er den Schweizern oft als Lutheraner verdächtig wurde. Bucer also schrieb am 9. Septbr. 1544 an Luther: „Die von Bern und Basel halten ihre Confession und Bekenntniss, welche sie Euch überschickt haben,[2] dermassen lauter und rein, dass sie gar gleich mit uns stimmen, ausserhalb eines oder zweier Widerwärtiger zu Bern: denn bei denen in Basel ist die Einigkeit der Kirchen rein und rechtschaffen.“ Späterhin, freilich nachdem Luther schon mit den Schweizern gebrochen hatte, kam nach dem Tod des Myconius sogar ein offener Lutheraner nach Basel, jener obengenannte Simon Sulzer, der dem Lutherthum dort starke Bahn brach.

 Hätte Bucer nun wirklich aus den Erfolgen in Bern und Basel auf einen Sieg des Lutherthums in der ganzen Schweiz zu schliessen gewagt, so könnte man etwa milder über seine Windungen urtheilen, um so übler müsste man dann aber über seinen Scharfsinn urtheilen. Denn er musste sehr verblendet sein, wenn er nicht sah, dass es ein Ding der Unmöglichkeit sei, die Schweiz lutherisch zu machen. Mochten auch Einzelne zur lutherischen Lehre hinneigen, so war doch die Masse entschlossen, an der Zwinglischen Lehre festzuhalten; und konnte es denn dem Bucer entgehen, dass auf allen Conventen, zumeist unter der Führung der Züricher, die Zwinglische Parthei stets die Oberhand behielt, ja da, wo mehrere Cantone zu einer Berathung versammelt waren, die Lutherischgesinnten ganz schüchtern zurücktraten?


  1. Ibid. 105. 108.
  2. Es ist die declaratio und Bucers Auslegung der Wittenberger Artikel gemeint.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/70&oldid=- (Version vom 1.10.2017)