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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

es für ein Unglück erachten, dass Luther nicht, wie es die Schweizer zuletzt wünschten, auf unmittelbare Verhandlungen mit ihnen eingegangen ist, aber auch daran war Bucer Schuld, der, während er die Schweizer in dem Glauben zu erhalten suchte, Luther sei mit ihrem Bekenntniss zufrieden, Luthern in der Meinung erhielt, es werde ihm, wenn man ihm nur Zeit lasse, noch gelingen, die Schweizer zu seiner (Luthers) Lehre herumzubringen.

 Ein Apologet Bucers könnte nun aber etwa sagen, Bucer habe eben Unglück gehabt. Bevor er sein Ziel erreicht, sei Luther losgebrochen und daran sei nun alles gescheitert. Zum Beleg dieser Behauptung könnte man sich dann darauf berufen, dass in der That lutherische Ansicht vom Abendmahl in der Schweiz um sich gegriffen hatte und dass, wenn Luther länger an sich gehalten hätte, Bucer das hätte ausbeuten können.

 So war es vor allem in Bern. Dort waren seit 1535 und 1536 zwei Geistliche, Peter Kunz und Sebastian Meyer, der lutherischen Richtung ergeben, und Bucer konnte darum schon 1537 an Luther schreiben[1]: „Ich versichere Dich bei meiner Ehre, es gibt in Bern sowohl als in anderen Schweizerischen Städten nicht Wenige, die das schriftmässige Dogma von der Eucharistie und von dem Dienst des Worts theils selbst von Grund aus inne haben, theils andern nach bestem Wissen und Gewissen predigen. Der kleinen Anzahl derjenigen, die entweder noch im Irrthum stecken oder denen die leidige Disputir- und Zanksucht noch in ihrer Natur zu liegen scheint, sind bereits durch so viele vorgreifende Confessionen die Hände so gebunden, dass man gar nichts mehr von ihnen zu befahren hat.“ Natürlich aber musste die lutheranisirende Parthei in Bern behutsam auftreten: denn, schrieb Bucer ein andermal (19. Jan. 1537) an Luther[2]: „es versichern uns die Kirchenvorsteher von Zürich und Bern, dass sie ihre Kirchen nie zum Consens in unsere Artikel und zur Annahme der ganzen Concordie würden haben bringen können, wenn sie nicht dieselben durch diese wortreiche Zergliederung des ganzen


  1. Hundeshagen, l. c. p. 71 und Hess, Leben Bullingers I, p. 282.
  2. Hundeshagen, l. c. p. 72 und Hess, Leben Bullingers p. 294.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.10.2017)