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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

von Hessen aber äusserte sich selbst ausführlich am 7. Mai über dasselbe in einem Schreiben an den Herzog Johann Friedrich[1]. Hält man diese Gutachten zusammen mit der Antwort des Flacius auf das Schreiben des Landgrafen an den Herzog Johann Friedrich, so erkennt man leicht, dass eine Verständigung zwischen beiden Theilen ferner als je war. Melanchthon glaubte das Confutationsbuch ausdrücklich auf sich selbst beziehen zu müssen, er verhielt sich gegen dasselbe nur abweisend, ohne Hoffnung auf eine Verständigung, und äusserte sich in sehr starken Ausdrücken über einzelne Lehren, welche darin vertreten waren. So rügte er, „dass sie von alten und neuen Zwinglianern sprächen, und doch nicht sagten, „was sie neue Zwinglianer nennen, sie wollten gehalten sein für die allerfreudigsten Papstfresser und stärkten doch die papistische Abgötterei, denn sie setzten etliche propositiones, welche niemand von der Kirche von Anfang an, auch die Päpstischen nicht, gesetzt hätten, nemlich dass der Leib Christi an allen Orten sei, in Stein und Holz.“

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 Der Landgraf Philipp schreibt freilich versöhnlicher und möchte vermitteln, er nimmt aber dabei einen Standpunkt ein, der unmöglich zu einer Ausgleichung führen konnte. Man hätte, meint er, den Sacramentirern gegenüber bei der Wittenberger Concordie bleiben sollen, die Luther, Ph. Melanchthon, Bugenhagen u. A. angerichtet. Er glaube, wenn der Herzog der Sacramentirer Bücher etliche lese, würde er sehen, dass beide Theile nicht so weit auseinander wären, so sie von allen Theilen der Wahrheit wollten Statt geben. Halte man sie aber für Schwärmer, Ketzer oder Sacramentsschwärmer, so solle man eine Synode aller evangelischen Stände und ihrer Theologen deutscher Nation versammeln und sie dahin kommen lassen. Würde da befunden, dass sie wider die Wahrheit des Evangelii und der Epistel Pauli und dem Gebrauch zuwider, wie er in primitiva ecclesia gewesen, so könnten sie dann in diesem Artikel excludirt werden. Solcher Auffassung der Dinge stand freilich Flacius weit fern. Ihm ist der Irrthum der Sacramentirer zu wohl constatirt,


  1. Das Gutachten Melanchthons C. R. IX. 763. Das des Landgrafen von Hessen C. R. IX, 753.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/336&oldid=- (Version vom 1.10.2017)