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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

von Würtemberg mit dem Grafen Georg von Würtemberg und den oberländischen Städten Ulm, Augsburg, Nürnberg und Regensburg. Ausdrücklich aber wurde endlich noch beschlossen, dass, wenn die eingeladenen Fürsten und Stände dem Recess auch nicht beiträten, die Einladenden doch an demselben festhalten wollten.

 Der Standpunkt, welchen die Fürsten, die den Recess unterschrieben, einnahmen, ist also ganz klar. Sie schlossen einen Bund untereinander, eine bestimmte Lehrnorm, über die sie unter sich übereingekommen waren, in ihren Landen zur Geltung zu bringen; sie versuchten auch die anderen Stände und Fürsten dafür zu gewinnen, aber der Bund sollte auch bestehen für den Fall dass diese nicht beiträten. Zur theologischen Grundlage ihres Bundes aber machten sie die Ansicht, welche Melanchthon der Flacianischen Partei gegenüber vertrat. Sie verzichteten also auf eine Ausgleichung mit dieser, wie Melanchthon darauf verzichtete, der ausdrücklich wollte, die sächsischen Lande sollten nicht beigezogen werden, „sonst würde nicht Einigkeit gemacht, sondern viel grössere Zwietracht und Hass angezündet“[1].

 Dass damit die ganze Melanchthonische Entwicklung des deutschen Protestantismus von Seite der Fürsten ausdrücklich sanctionirt war, kann man schon darum nicht (mit Heppe[2] behaupten, weil ja auch Brenz mit dem Versuch einer Einigung auf solchen Grundlagen einverstanden gewesen scheint, man aber doch den Brenz nicht als einen Theologen wird bezeichnen wollen, der, auch damals nicht, die ganze Melanchthonische Anschauung sich angeeignet hatte. Den Melanchthonischen Standpunkt nahmen die Fürsten nur insofern ein, als sie mit ihm der Meinung waren, der überwiegende Theil der Theologen werde dieser Vereinbarung in der Lehre sich anschliessen, und so scheint auch Brenz geglaubt zu haben, der an den bisherigen Streitigkeiten sich noch wenig betheiligt hatte und bekanntlich erst das Jahr darauf sich näher über die gegenseitigen Differenzen orientirte.


  1. Mel. an den Landgrafen Philipp von Hessen dd. 16. Mai, C. R. IX, 556.
  2. II, 277.
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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/330&oldid=- (Version vom 1.10.2017)