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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Der Kernpunkt seiner Lehre liegt in dem Satz, dass im Abendmahl in Brod und Wein der Leib Christi gegenwärtig ist und ausgetheilt wird, der Leib, welcher, nachdem er erst für unsere Sünden am Kreuz geblutet hat, jetzt verklärt im Himmel weilt. So bekennt Luther auf Grund der Einsetzungsworte, die man schlicht und einfach nehmen müsse, wie sie lauten: „denn ein Frevel sei es, einem göttlichen Wort ohne Grund der Schrift, ohne klar ausgedrückte Schrift, eine andere als die natürliche Bedeutung zu geben. Lasse man diesen Frevel an Einem Ort zu, so könne man ihn auch anderswo nicht wehren.[1]

 Die Einsetzungsworte besagen also, dass das, was im Abendmahl gereicht wird, Leib und Blut Christi sei, freilich nicht so, dass da nur Leib und Blut, und nicht auch Brod und Wein gereicht werde, denn die Einsetzungsworte sind synekdochisch aufzufassen. „Weil alles am Leib gelegen, so redet Christus, als wäre eitel Leib da.“[2] Obwohl also Brod und Leib zwei unterschiedliche Wesen sind und bleiben, so findet doch im Abendmahl eine Einigung, freilich eine Einigung ganz einziger Art Statt, so dass im Abendmahl nicht Brod ohne Leib, und nicht Wein ohne Blut genossen werden kann.

 Erst nachdem Luther von der heil. Schrift sich hat sagen lassen, was uns im Abendmahl gereicht wird, beschäftigt er sich mit den Fragen, wie es denn möglich sei, dass Christi Leib im Abendmahl gegenwärtig und welches der Nutzen sei, den Christi Leib uns bringe. Die Möglichkeit der Gegenwart leitet er aus der Einigung ab, welche in Christi Person die Gottheit mit der Menschheit eingegangen ist. Der zufolge ist Christus völliger Gott und Mensch in Einer Person und ist es nicht möglich, dass Gott irgendwo ist, wo nicht auch der Mensch wäre, und muss also auch die Allgegenwart, die Gott zukommt, auf die Menschheit übergegangen sein. Von dieser Allgegenwart und von den verschiedenen Weisen derselben, die sich denken lassen, handelt Luther bekanntlich am eingehendsten in seinem


  1. Luther, Vom Anbeten des Sacraments des heil. Leichnams Christi. 1523. ed. Walch t. XIX.
  2. Luther, Wider die himmlischen Propheten von den Bildern und Sacrament. 1525. ed. Walch t. XX.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.10.2017)