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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Sollten sie gleich müssig dem Riss gegenüberstehen, der unter den Evangelischen an den Tag getreten war?

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 Sie hätten es nicht gedurft, wenn sie auch gewollt hätten. Es nahte der Reichstag zu Frankfurt heran, auf welchem dem Römischen Kaiser Ferdinand die Kaiserkrone aufgesetzt werden sollte. Zum ersten Mal nach dem Wormser Colloquium kamen die Fürsten da wieder zusammen, der Verdacht, dass die Evangelischen unter sich nicht eins wären in der Lehre, lastete aber seit dieser Zeit schwerer als je auf ihnen. Diesen Verdacht mussten sie um jeden Preis abwenden. Da die Theologen die Hand dazu nicht boten, was blieb ihnen anderes übrig, als an dem Gedanken festzuhalten, den der Herzog Christoph von Würtemberg schon vor dem Frankfurter Convent ausgesprochen hatte, an dem dass die


    Dem Ersteren schrieb er (am 16. Juli): „Zur grossen Freude unserer Gegner und zu der Unsrigen grossem Leidwesen wird sie (die Confession) überall verbreitet. Confessionen aber sollen klar und deutlich und durchaus nicht doppelzüngig sein, besonders in den noch streitigen Punkten. Ich wahrhaftig würde eine solche Confession weder schreiben, noch wenn sie von Anderen geschrieben wär, unterschreiben.“ Warum, fragt er in einem Brief an Calvin, haben sie nicht den Consensus (Tigurinus) überreicht? „Man sollte doch über einen schon solange streitigen Punkt nicht solche Redeweisen brauchen, durch welche die Einfältigen gestossen werden können ... Sieh’ in welche Verlegenheit sie uns gebracht haben, auf den Fall, dass es zum Colloquium kommen sollte. Denn ich kann vor Gott und vor der Kirche eine solche Confession nicht anerkennen. Wird ihr aber von mir und Anderen widersprochen, so wird Westphal alsbald schreien: „habe ich’s nicht gesagt, dass sie selbst untereinander uneins sind.“
     Wir können aus diesen Aeusserungen schliessen, dass das Bekenntniss, das Beza abgegeben, in Ausdrücken abgefasst war, welche in lutherischem und reformirtem Sinn gedeutet werden konnten, ein solches widerstrebte aber dem ehrlichen Bullinger und es genügte ihm die Entschuldigung Calvins nicht, dass Beza es „zur Besänftigung der leidenschaftlichen Leute in Deutschland gethan habe.“
     Das zweite Bekenntniss, das Beza zur Zeit des Wormser Colloquiums überreichte, war dann allerdings anderer Art. Beza erklärte da Namens der französischen Kirchen, dass sie der Augsburgischen Confession in Allem beistimmten, einzig den Artikel vom Abendmahl ausgenommen. (Auch darüber aber erklärten sie sich dahin, dass ihnen das Abendmahl durchaus nicht nur ein signum professionis oder absentis Christi sei, sie hielten es vielmehr mit den Worten Pauli: panis est κοινωνία corporis. Das Bekenntnis in corp. Ref. [302]

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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/325&oldid=- (Version vom 1.10.2017)