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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

man den Eiferern wider besagte Ketzereien Stillschweigen auferlegen und sie auf eine Synode, das ist ad graecas Calendas, vertrösten wolle[1]

 Schon aus diesen Aeusserungen liess sich abnehmen, dass man auf dem zu erwartenden Colloquium mit den in Frankfurt gefassten Beschlüssen nicht zurecht kommen würde: denn die Voraussetzung dabei war die eines Waffenstillstandes der evangelischen Theologen unter einander, und von dieser Voraussetzung war man in Frankfurt auch ausgegangen, ohne sich zu vergewissern, ob denn auch beide Parteien darauf einzugehen geneigt wären.

 Man sollte bald, noch vor Beginn des Colloquiums, inne werden, dass man von falscher Voraussetzung ausgegangen war: denn die herzoglich sächsischen Theologen gaben mit ihrem Herzog aufs deutlichste zu erkennen, dass sie zu solchem Verfahren die Hand nicht bieten würden. Statt in eine Vertuschung oder Ignorirung der vorhandenen Differenzen zu willigen, wollten sie vielmehr, dass dieselben erst ausgeglichen würden, und sie ihrerseits konnten an eine Ausgleichung nur dann glauben, wenn man einig würde in Verwerfung der Irrthümer, welche im Laufe der Zeit aufgetaucht waren.

 In diesem Sinn hatte Flacius schon am 9. August an die in Worms versammelten Theologen eine lange Epistel gerichtet und sie ermahnt, wider das Interim, die Adiaphoristen, Osiandristen, Majoristen tapfer zu fechten, und den Papisten ja nichts


  1. Salig III, 275. Ganz so urtheilt ein Theologe, der auf dem Convent zugegen gewesen in einem Brief, den Salig (III, 276) mittheilt. Salig vermuthet, dass Hartmann Bejer aus Frankfurt ihn geschrieben hat. Derselbe schreibt: Theologi, quos ego desiderabam, aberant omnes, praeter solum Gallum, quem ego unicum in illo conventu vidi, de cujus pio zelo ardentique studio erga ecclesiam Christi mihi aliquid certi possem polliceri. A ceteris enim omnia tam negligenter et frigide, ne quid gravius, attamen verius, dicam, administrata et peracta sunt, ut non potuissent vel negligentius, vel frigidius. Et, si vis, ut uno verbo tibi in aurem dicam quidnam ego inde adeptus sim commodi, scias, me non obscure animadvertisse: Palatinos Majorismum, Würtembergicos Osiandrismum, Hassicos Zuinglianismum non omnino improbare. Reliquos omnes esse vel Praeceptorios, ut ita dicam, quorum quisque suum, non habitâ veritatis ratione, sequitur, vel omnino aulicos, i. e. adulatores et canes mutos..
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/320&oldid=- (Version vom 1.10.2017)