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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

des Nachtmahls Christi wieder hervorgebrochen, ein guter klarer Bericht vorhanden sei, daraus männiglich vernehmen möge, worauf der Streit beruhe und was einer jeden Partei gründliche Meinung sei.“

 Das aber wollen wir doch noch hervorheben, dass Brenz bei dieser Gelegenheit mit keinem Wort eines Unterschieds gedenkt, der zwischen der Lehre Zwinglis und Calvins sei, doch wohl ein Beweis, dass es ihm nicht einfiel, von der Lehre Calvins anzunehmen, dass sie in der Hauptsache der Luthers näher gerückt sei.[1]

 Wie liess es sich unter diesen Umständen anders erwarten, als dass Brenz im eigenen Lande dem Calvinismus, wo er sich zeigte, entgegentrat? Der Anlass dazu war ihm geboten. Er erfuhr, dass ein Prediger in der Nähe von Nürtingen, Bartholomäus Hagen, in Briefwechsel mit Calvin stehe. Da derselbe bei der Mutter des Herzogs Christoph, die in Nürtingen ihren Wittwensitz hatte, in Gunst stand und öfter vor ihr predigte, war das wohl ein weiterer Anlass, die Sache ernst zu nehmen. Dem Hagen wurde also befohlen, sein Glaubensbekenntniss einzusenden, und dieses wurde den Superintendenten des Landes zur Censur zugeschickt. Nachdem die Censuren eingelaufen waren, wurde eine Synode nach Stuttgart (im December 1559) berufen.


  1. Ein Beleg dafür liegt auch in dem Gutachten, das Brenz 1559 auf Verlangen des Herzogs Christoph über die Bekenntnisse der Prediger aus Aachen ausstellte und das der Herzog dem Kurfürsten Friedrich zustellte. Da schreibt Brenz: „Wunder ists, dass diejenigen, so die beigelegten Confessionen gestellt, in dem Wahn sind, als sollte sich der zwinglische und der lutherische oder der Augsburgischen Confession (wie man es gemeiniglich nennt) Glaube von dem Nachtmahl Christi dieser Gestalt zusammenschicken, als wäre es res indifferent und möchte man ohne Nachtheil des rechten Glaubens zwinglisch oder lutherisch sein.“ Mit Recht macht Kluckhohn, aus dem ich das mittheile (p. 28. Anm. 20.), bemerklich, dass Brenz nicht zwischen Calvin und Zwingli zu unterscheiden vermochte. Wie wenig er das that, erkennt man daraus, dass der Herzog Christoph in dem das Gutachten begleitenden Schreiben an den Kurfürsten ausdrücklich den Calvin nennt. Er gibt zu, dass „der Calvinus jetzund etwas bescheidener davon schreibe,“ setzt aber hinzu: „ist doch in substantia der vorig Irrthum.“ Hätte Brenz im Syngramma die calvinische Lehre vor Calvin ausgesprochen oder sich dessen Lehre auch nur genähert, so würde er gewiss beide, den Zwingli und Calvin, nicht so zusammengeworfen haben.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/262&oldid=- (Version vom 1.10.2017)