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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

Paulus, stehet mir zu, über die zu richten, die draussen sind? Darum lass das um der Ruhe der Kirche willen, lass Dir um Christi, unseres Erlösers, selbst willen gefallen, dass Du, wenn Tossanus fromm lehrt und fromm lebt, nicht um dieser einen Sache willen das Band des Friedens zerreissest, sondern wandle mit ihm in dem Hause des Herrn in Eintracht, Freundschaft und Liebe. Will einer seine heimliche Gottlosigkeit decken, so möge der Herr dazu sehen. Es ist unsere Pflicht, das einmal begrabene Uebel nicht wieder aufzurühren ..“

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 Der Brief findet seine Ergänzung in einem anderen Brief, den Brenz an Schnepf, durch dessen Hand er den Brief an Engelmann gehen liess, schrieb. Aus ihm ersieht man, dass Brenz dem Tossanus doch nicht recht traute. „Diese Leute, schreibt er, verstehen es, unter unsere Worte ihre eigene Meinung zu verstecken. Sie bekennen, dass die Frommen im Abendmahl Christi Leib und Blut empfangen; allein das können sie gar nicht läugnen, da offenbar Leib und Blut Christi auch ohne das Abendmahl von den Frommen immer empfangen wird.[1] Man kann daher nicht sicherer von ihnen herauspressen, was sie eigentlich denken, als wenn man ihnen die Frage von dem Genuss der Gottlosen vorhält. Allein ich wollte kein Oel ins Feuer giessen, sondern ich ermahnte ihn zur Eintracht. Doch will ich Engelmann seinem Collegen nicht preisgeben. Ich sehe wohl,


  1. Brenz denkt da an Joh. VI. In welchem Sinn er es meint, dass Leib und Blut Christi auch ohne Abendmahl von den Frommen empfangen werde, zeigt sehr deutlich eine Stelle aus einem Gutachten von Brenz, das er am 2. October 1560 an den Kurfürsten Friedrich III. von der Pfalz abschickte, und das sich abschriftlich zu Strassburg im Archiv des protestantischen Seminars findet (mitgetheilt von Kluckhohn in der angeführten Schrift p. 47. Anm. 40). Sie lautet: „wiewohl das sacramentliche Essen des Leibes Christi und das Trinken seines Blutes im Nachtmahl den Gläubigen ganz nützlich und tröstlich ist, so ist es doch zur Seligkeit nicht nothwendig, und haben viele fromme Leute die ewige Seligkeit durch Gottes Gnade ohne den sacramentlichen Genuss des Nachtmahls Christi; aber das Essen und Trinken, wovon Christus im 6. Capitel Johannis redet, ist zur Seligkeit nöthig, und kann ohne Verlust der Seligkeit nicht unterlassen werden, und ist solch’ Essen und Trinken nichts anders denn glauben, dass Christus sein Fleisch unsertwegen in den Tod gegeben.“
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/259&oldid=- (Version vom 1.10.2017)