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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

der Schweiz berichtet hatte, hielt er nicht mehr zurück. Den ganzen Zorn, welchen die Bedrängnisse der Fremdengemeinde und die Anfeindung seines consensus erregt hatten, schüttete er über Westphal aus. Dass Westphal den Ton, in dem Calvin schrieb, mit seinen Schriften provocirt habe, kann man nicht sagen. Westphal schrieb gemässigt. Man hat eine einzige starke Aeusserung aufgefunden und ihm zum Vorwurf gemacht, die: quod blasphemiae Sacramentariorum dignae potius sint, ut sceptro magistratus quam calamo refutentur, Westphal hat aber in einer späteren Schrift sie dahin erläutert, dass er unter den blasphemiae nicht die Irrlehren der Sacramentirer, sondern die Schimpfwörter, deren sie sich bedient hatten, verstanden habe, so dass die Aeusserung also nicht, wie Calvin sie deutete, eine Aufforderung an die Obrigkeit enthielt, die Sacramentirer um ihres Bekenntnisses willen mit dem Schwert zu widerlegen. Calvin schrieb wie ein Mann, der sich seiner Ueberlegenheit aufs deutlichste bewusst ist, und behandelte den Westphal als einen Mann, dem nur Verachtung gebühre.

 Die erste Schrift Calvins erschien zugleich lateinisch und französisch. Aus der französischen Zuschrift hat Henry ein Stück mitgetheilt, das den Ton und Styl der ganzen Schrift charakterisirt.[1] „Dieser närrische ehrwürdige Doctor,schreibt er, der ein schlechtes Werk gegen die Sacramentirer herausgegeben, obgleich wir besser als er es verstehen, die Sacramente zu vertheidigen, spricht gegen unseren Consensus, als ob wir gerade darin nicht das Sacrament, sondern leere Zeichen annähmen. Dieses Kalb citirt nachher unsere eigenen Worte, worin wir offen bekennen, dass der Leib Christi wahrhaftig den Gläubigen mitgetheilt wird. Dann sagt er, wir sprächen doch nur von einer geistigen Speisung. Wie denn? Möchte er vielleicht, dass das Fleisch Jesu Christi so gegessen würde, wie die Ochsen seines Landes? ..“ „Ist er nicht wie ein toller Hund, heisst es dann weiter, welcher nach allen Seiten hin in jeden Stein beisst, den er findet? Dieser Confusionsrath klagt uns der Schlauheit an, dass wir die Einfältigen betrügen, indem wir von geistiger Speisung sprechen...“


  1. Henry das Leben Calvins III, 309.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/184&oldid=- (Version vom 1.10.2017)