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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Beide Bekenntnisse sagen, dass der Glaube das Organ ist, mit dem man die res sacramenti entgegennimmt,[1] noch bestimmter aber als die Helvetica sagt der consensus, dass die signa nicht die Ueberbringer des Heilsguts seien.[2] So hebt auch der consensus ausdrücklich den Zwinglischen Satz hervor, dass die Ungläubigen nicht Leib und Blut Christi geniessen, und schliesst sich auch ausdrücklich an die Zwinglische Erklärung der Einsetzungsworte an.

 Die Vergleichung des consensus Tigurinus mit der conf. Helvetica zeigt also, dass in der letzteren kein Satz ist, den nicht auch der erstere sich aneignet, und zeigt weiter, dass der consensus geflissentlich die Uebereinstimmung mit Zwingli noch bestimmter hervorhebt.

 Bedarf es eines weiteren Beweises dafür, dass der consensus Tigurinus auf dem Boden des Zwinglianismus steht? Damit ist aber die Frage beantwortet, die wir oben aufgeworfen haben, ob mit diesem Bekenntniss ein Stadium eingetreten ist, welches ein besseres Verhältniss der Lutheraner zu den Schweizern hätte anbahnen können oder sollen, und die Frage ist jetzt verneint. Die lutherische Lehre steht in den wesentlichen Punkten zur Lehre Calvins nicht anders als zur Zwinglischen Lehre.

 In der inneren Stellung der Lutheraner zu den Schweizern hatte sich also durch den consensus Tigurinus nichts geändert, aber viel änderte sich durch denselben in der Stellung der Reformirten zu einander. Calvin liess es bekanntlich nicht bei der Erzielung der Einheit mit Bullinger und den Zürichern bewenden. Seine Tendenz ging dahin, den consensus in weitesten Kreisen, vor allem in der Schweiz, zur Annahme zu bringen.

 Mit welcher Umsicht und Vorsicht er und Bullinger da zu Werk gegangen sind, wie sie sich in die Vorlage desselben an die einzelnen Schweizer Kirchen getheilt haben, wie sie ihn erst nur vertraulich dem Johann a Lasco, und anderen Freunden in England, in Preussen, Frankreich, Italien, Ungarn mitgetheilt


  1. conf. Helvet. 21. quae quidem ut ore corporis signa, sic fide spiritus percipiuntur. Conf. Tigur.: 17. in sacramentis nil nisi fide percipitur.
  2. C. Tig. 17. Tenendum quoque est, minime alligatam ipsis esse gratiam, ut, quisquis signum habeat, re etiam potiatur.
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/166&oldid=- (Version vom 1.10.2017)