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Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.

 Wem, das ist die Frage, welche sich jetzt erhebt, steht nun Calvin näher, dem Zwingli oder dem Luther?

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 Calvin selbst hat als den Unterschied, welcher zwischen ihm und Zwingli Statt findet, den angegeben, dass man nach seiner Auffassung im Abendmahl eine sehr reale Gabe, ja die realste Gabe empfange, welche überhaupt dem Christen zu Theil wird, während nach Zwingli man im Abendmahl nichts empfängt als Brod und Wein. Das ist allerdings an sich ein sehr grosser Unterschied, und es ist, was Calvin da geltend macht, hoch anzuerkennen. Allein wir haben bereits gesehen, dass Zwingli doch nur da, wo er seine Lehre im bestimmten Gegensatz gegen Luther entwickelt, von einer Gabe, die man im Abendmahl empfange, ganz Umgang nimmt, und haben auch schon bemerkt, wie Zwingli dazu gekommen ist. Wir haben aber auch weiter beigebracht, dass Zwingli einen Genuss des Leibes Christi im Sinn von Joh. VI nie in Abrede stellte, und dass er namentlich in seiner expositio ausdrücklich von positiven Wirkungen, welche man vom Abendmahl zu erwarten habe, also doch von einer Gabe, die man da empfange, gesprochen hat. Und zudem hat Zwingli in der angeführten Stelle die Wirkung nahezu mit denselben Worten beschrieben, wie sie Calvin zu beschreiben pflegte.[1] Da nun, wie wir gezeigt haben, an die einen Aussagen, welche Zwingli vom Abendmahl thut, die anderen sich wohl anreihen lassen, und beide recht wohl mit und neben einander bestehen, so kann von einem wesentlichen Unterschied, der in


    nexu copulamur et quidam veluti canalis, per quem, quidquid Christus ipse et est et habet, ad nos derivatur. Auch §. 18. Si oculis animisque in coelum evehimur, ut Christum illic in regni sui gloria quaeramus, quemadmodum symbola nos ad eum integrum invitant, ita sub panis symbolo pascemur ejus corpore . . Nam tametsi carnem suam a nobis sustulit et corpore in coelum ascendit, ad dexteram tamen patris sedet: hoc est, in potentia et majestate et gloria patris regnat. cf. das Folgende in not. 2. p. 135.

  1. Schweizer, die Glaubenslehre der ev. ref. Kirche II, 655: „Was Calvin ganz richtig zu Zwingli hinzufügen will, ist eigentlich nur ... dass das heilige Abendmahl ein Symbol sei auch der höchsten Gebiete des Standes der Heiligung, nemlich auch der zu erlangenden unio mystica cum Christo. Diese völlige Lebenseinheit aber der Glieder mit dem Haupte anerkennt auch Zwingli als höchsten Grad der Heiligung.“
Empfohlene Zitierweise:
Heinrich Friedrich Ferdinand Schmid: Der Kampf der lutherischen Kirche um Luthers Lehre vom Abendmahl im Reformationszeitalter. Im Zusammenhang mit der gesamten Lehrentwicklung dieser Zeit.. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1868, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_der_lutherischen_Kirche_um_Luthers_Lehre_vom_Abendmahl.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.10.2017)