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weil ich heute Mittag ihr Zimmer vermietet habe.“

„Mein Zimmer??“ Er wandte den Kopf mit einer betroffen zärtlichen Wendung seiner Stubentür zu.

„Ja, Herr Heise,“ seufzte Frau Breitspecht und strich den Rock über ihrem Schoss glatt. „Ich bin eine arme Witwe und lebe, wie Sie wissen, von meiner kleinen Pension und der Vermietung. Und die Pension is nu auch noch gekürzt worden. Und da kam einer heute und fragte nach ob ich was freihätte. Er hat schon mal bei mir gewohnt und hat dann nach Fürstenberg fortgemacht. Sehnse, der hat immer pünktlich gezahlt und auch gleich heute den Rest von den Monat angezahlt. Na, da hab ich ihm ihr Zimmer gegeben. Das könnense mir doch nich übelnehmen. Leicht is es mir, weiss Gott, nich geworden, denn Sie sind mir ein lieber, solider Mieter, wie gesagt. Aber jeder is sich selber der Nächste in dieser schweren Zeit.“

Heise konnte es wieder nicht leugnen. Auch deshalb nicht, weil ihm die Zunge im Mund verdorrt war. Der Sturz aus dem Himmel seiner ersten Liebe in die Hölle seiner Alltagsmisere war zu tief und zu jäh. Er sah bestürzt auf das Häufchen Eigentum am Boden nieder.

Frau Breitspecht folgte seinem verstörten Blick.

„Ich bin nich so, ich behalte nichts zurück,“ besänftigte Sie seine Verlorenheit. „Nehmen Sie Ihr Zeugs ruhig mit. Wenn einer nich kann, dann kann er eben nich.“

„Ich werde Ihnen später alles zahlen,“ flüsterte er, kniete nieder und packte mit automatischen Bewegungen seine Sachen in den

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/60&oldid=- (Version vom 31.7.2018)