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Bara bereute seinen übereilten Schritt. Verfluchte und verdammte seine betörte Verblendung. Unter diesen Gefühlen zeigte seine Liebe sehr bald ihr zweites Gesicht, den Hass. Dieser berühmte Tenor war kein feinfühliger Hasser. Seine Schlächternatur kam zum Vorschein unter dem dünnen Firnis seiner verspäteten Erziehung. Er sah, dass er sein Leben verbaut hatte. Er brauchte Ellenbogenfreiheit für das Nomadentum seiner Liebe. Fatma war seinem erotischen Befriedigungsdrange hinderlich, ob wohl noch kein neues Objekt seiner Buhlbereitschaft am Horizont seines Begehrens auferstanden war.

Doch, wie viele rohe Menschen, war er ein Feigling. Er brachte nicht die Zivilcourage auf, ihr in dürren Worten zu sagen: ich liebe dich nicht mehr. Er ging den Weg niedriger Seelen. Er quälte sie mit den Niederträchtigkeiten, in die ihn der Zorn über seine Gebundenheit hetzte. Er marterte sie mit Gemeinheiten und quälenden Nadelstichen.

Fatma ertrug und litt. Sie liebte ihn mit allen seinen augenfälligen Fehlern. Sie liebte in ihm den grossen Könner, das Werkzeug ihrer vergötterten Kunst und den Mann, der sich mit eisernem Fleiss zum ersten Sänger der Welt emporgerungen hatte. Liebte ihn zehnfach, hundertfach, gerade wegen seiner Schwächen, für die ihre Klugheit und ihr Zartgefühl nicht blind waren. Liebte ihn, wie eine Frau von Vierzig liebt, der ein nicht mehr erhofftes sagenhaftes Glück der Sinne noch beschieden wird. Und klammerte sich mit der verzweifelten Inbrunst einer Frau, die vor dem Abstieg steht, an diese letzte Gnade des Geschicks.

Sie merkte die Veränderung in seinem Wesen. Wollte die wahre

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 37. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/38&oldid=- (Version vom 31.7.2018)