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und Tussys erstaunter Blick zeigte mir, daß Anni hier soeben die Wahrheit wohl etwas korrigiert hätte.

„Da hört doch alles auf!“, rief Tussy fast empört. „Gestern oder vielmehr heute früh sagtest du noch, wir hätten sehr richtig daran getan, den Brief an Herrn Harst abzusenden, und jetzt willst du den Eindruck hervorrufen, als wärest du nie der Meinung gewesen, daß Herr Harst sich unser annehmen würde?! Du schwindelst ja, Anni. Du warst es doch auch, die mir vorhin nahelegte, mal vor dem Hause Ausschau zu halten!“

Es war sehr zu bedauern, daß Anni Wiek ihr Gesicht so sorgsam verbarg.

Sie hustete plötzlich und hielt sich das Taschentuch vor den Mund.

Ihre Erwiderung klang recht undeutlich: „Auch das war nur Scherz, Tussy. Wir haben heute den ersten April, und du weißt recht gut, daß ich dich noch an jedem ersten April irgendwie – in den April geschickt habe.“ Und dann kam noch der Nachsatz, der fraglos verlegen und ärgerlich klang: „Ich hätte mich gehütet, Herrn Harst den Brief zu senden, wenn ich auch nur im entferntesten mit einem Besuch hier gerechnet hätte!“

Tussy warf den dunklen Kopf herum und starrte die Freundin geradezu entgeistert an. „Entschuldige schon, in vielem warst du mir die letzten Wochen unverständlich, aber dies – geht denn doch über die Hutschnur!“

Anni Wiek entgegnete nichts auf diese Vorwürfe, hüstelte nur und schob ihren Stuhl noch weiter in den Schatten. – Das war wirklich eine merkwürdige junge Dame! – Wenn nicht außer dem einen Brief der beiden Freundinnen noch fünf andere heute früh bei uns eingetroffen wären, hätte ich gegen diese Anni einen leisen Argwohn geschöpft. Es war ja immerhin möglich, daß dieses sanfte Mädchen uns beide hatte frozzeln wollen, also in den April schicken! Stille Wasser sind zuweilen

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Max Schraut: Der Bluffer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Bluffer.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)