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sondern in die Brust schießt, immer noch Kraft genug hat, die Waffe von sich zu werfen, selbst durch die Spalte der Vorhänge, wie hier in diesen beiden so gleichen Fällen, insbesondere, wenn er sich dies vorher genau überlegt hat?“

Der Arzt pflichtete Harst ohne jede Einschränkung bei. „Derartige Fälle haben wir häufiger gehabt.“

Wir standen noch auf der Straße neben dem Schutthaufen. Bechert schaute erst den Medizinalrat und dann uns grübelnd an. „Wo ist die Verbindungsbrücke beider Freitode, und wo das Motiv für Olms freiwilliges Aus-dem-Leben-Scheiden?“, wandte er sich an Harald.

Dessen Antwort erfolgte sofort und überraschte uns alle. „Erinnert Sie der Name Erwin Olm nicht an etwas ganz Bestimmtes? Der Name gemahnt doch sogleich an den Grottenolm, also an einen Molch – auch Höhlenolm genannt, der infolge dauernden Lebens im Dunkeln das Augenlicht verloren hat, oder genauer: Die Augen sind, weil das Tier sie nicht gebraucht, verkümmert. Es ist Jahre her, aber der Kriminalfall des großen Hehlers Olm, des Höhlenolm, wie er im Verbrecherkreisen hieß, steht mir noch klar vor Augen.“

Bechert schlug sich gegen die Stirn. „Bei Gott, ich muß auf Urlaub gehen! Natürlich: Erwin Olm, drei Jahre Zuchthaus, trotzdem bedauerten wir ihn, der Mann liebte seine einzige Tochter über alles und wollte deren Zukunft sicherstellen! Meinen Sie, daß Frau Helmer diese Tochter ist?“

„Sie ist’s! – Ihre Ehe wurde Tragödie, als ihr Mann zufällig das sorgsam gehütete Geheimnis der Vorstrafe seines Schwiegervaters erfuhr. Helmer stammte aus Westdeutschland, wußte nichts, – als er wissend wurde, erschoß er sich. Die arme Frau blieb mit dem Kinde Horst allein zurück. Den Rest kann sich jeder zusammenreimen: Olm erschoß sich um elf Uhr 45 Minuten,

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Max Schraut: Der Bluffer. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Bluffer.pdf/48&oldid=- (Version vom 31.7.2018)