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Zwölftes Kapitel.




Am folgenden Morgen setzten wir unsere Reise fort, ließen das freundliche Bonn rechts liegen und bewunderten im Vorüberfahren die ehrwürdigen Burgen, welche den kegelförmigen Godesberg bekrönen. – Ich blickte mit unsäglicher Sehnsucht hinüber und beneidete die zahllosen Fußreisenden, welchen wir überall begegneten; sie waren zum Theil mit Topographieen und Karten versehen, um die Merkwürdigkeiten der Gegend zu studiren, während wir uns mit den magern Beschreibungen begnügen mußten, welche wir in Murray’s Handbuche für Reisende fanden. Wir näherten uns jetzt der Hügelgegend, in welcher uns der Weg längs des Stromes weiter führte, und hatten einen prächtigen Anblick von den sieben Bergen, auf deren höchstem Gipfel die Burg Drachenfels liegt. Zu unserer Linken ragte die Burg Rolandseck über die waldigen Felsenkuppen empor, welche wie der Name ihres ritterlichen Gründers bestimmt ist, von den entferntesten Generationen bewundert zu werden, denn sie ist noch eine stolze Veste, ungeachtet sie schon den Stürmen eines Jahrtausends getrotzt hat. Später sah ich in Spanien ein altes Buch, welches die Niederlage Rolands in Roncevalle, wie auch seine übrigen Abenteuer sehr ausführlich beschrieb. Nicht sehr weit davon kamen wir an den malerischen Punkt, wo der Strom von zwei Inseln getheilt wird, auf deren einer das Kloster Nonnenwärth steht, das jetzt zum Gasthof dient. Die Legende erzählt, daß hier die Braut eines Kreuzfahrers, als sie seinen Tod erfuhr, den Schleier genommen habe, worüber er bei seiner Rückkehr lebenslang auf seiner gegenüberliegenden Burg trauerte. Rechts und links erheben sich überall alte Burgen, unwidersprechliche steinerne Urkunden des deutschen Ritterthums. Die dazwischen liegenden Villen verhalten sich zu ihnen wie die jetzigen Begriffe von Bildung zu der sprüchwörtlichen deutschen Treu’ und Biederkeit. In Andernach trafen wir einen ganzen Schwarm von Reisenden der verschiedensten Nationen, die von hier aus Ausflüge machten, meist um die Ruinen der Burg der ehemaligen Könige von Austrasien zu besuchen. Wir kamen noch bei guter Zeit in Coblenz an und übernachteten im Gasthofe „Zu den drei Schweizern“, der eine prachtvolle Aussicht auf die Festung Ehrenbreitstein gewährte. Hinter Coblenz beginnt eigentlich