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Siebentes Kapitel.




Mit dem Wohlbehagen, das man nach überstandenen Mühseligkeiten empfindet, drückte ich mich in die Kissen und überblickte meine Mitreisenden, die meistens essend und unter dem Einflusse starker Dosen Alkohols ihre Bemerkungen wechselten. Ich überließ mich den Gedanken und Betrachtungen, zu welchen meine letzten Erlebnisse Veranlassung gaben. Fräulein Ch. hatte mir gestern Abend noch ganz im Vertrauen gesagt, daß Frau E.’s Kinder verwildert und von der Mutter verzogen seien. Dies gab meiner Freude einen nicht unbedeutenden Beischmack von Furcht, denn ich konnte nicht hoffen, daß meine Milde zum Ziele führen werde, wo Frl. Ch. mit ihrer Nachdrücklichkeit nichts ausgerichtet hatte. Inzwischen hielt der Zug bei Kettewing, von wo aus meine Reise bis E. mit dem Eilwagen fortgesetzt wurde. Hier wartete Mistreß E.’s Equipage, die mich in einer halben Stunde an mein Ziel, E…house, brachte. Da es schon ganz dunkel war, so konnte ich blos sehen, daß ich vor einem großen Gebäude hielt, daß mich dann der vorleuchtende Bediente durch ein reizendes Conservatorium führte, in welchem die seltensten Blumen und Gewächse sinnreich aufgestellt und durch eine schöne Beleuchtung hervorgehoben waren. Dann wurde ein großer geschmackvoller Büchersaal geöffnet, der Diener rief laut meinen Namen und Mistreß E., die mit ihren Kindern eben den Thee nahm, kam mir entgegen, bewillkommnete mich mit Herzlichkeit und stellte mir meine Eleven vor. Als die Begrüßungsförmlichkeiten vorüber waren, mußte mich die Aelteste, Charlotte, auf mein Zimmer führen. Ich legte meine Reisesachen ab, ordnete meine Toilette einigermaßen und betrachtete mit unendlichem Wohlbehagen alle die Bequemlichkeiten und den Luxus, der mich umgab. Zum ersten Male seit den vielen Jahren, die ich in England verlebt, empfand ich Behagen, es war mir, wie wenn ich aus einer Mörderhöhle endlich unter gute Menschen versetzt wäre. Ich befand mich in einem großen viereckigen Zimmer, dessen Wände mit einer reichen Tapete, der Fußboden mit einem schönen Kiddorminsterteppich bedeckt war. Selbst das verwöhnteste Glückskind hätte hier nichts vermißt, denn Trumeau mit Wachskerzen, Chaiselongue, Armsessel, garnirte Toilette mit Wachslichtern, eine schöne Auswahl