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würdigen, und in meinem Zimmer sang ich die schönste Roulade, die mir noch unter diesen Abderiten aus der Kehle gequollen war. Ich war diesen Abend bei göttlicher Laune und Stimme, denn keine Affenkomödie hätte mir mehr Spaß machen können, als die Einfuhr dieser alten Producte der englischen Klatsch-Industrie. Ich setzte mich an’s Piano und musizirte und trillerte so recht aus der Fülle meiner heitern Seele. Es dauerte nicht lange, so kam Herr v. C. mit seiner Braut und bat um Erlaubniß, mir zuzuhören. Leider konnte ich es mir nicht versagen, den Urheber der gegen mich ausgebrochenen Verfolgung ein wenig zu züchtigen, und ich sagte daher lachend: „Kommen Sie nur, Herr v. C., zum Lohne für Ihre englischen Importationen und ritterlichen Dienste will ich Ihnen mein schönstes Lied vorsingen,“ rief ich muthwillig und sang sogleich die liebliche Canzone: „Ach, wenn Du wärst mein eigen.“

Dies brachte eine gewaltige Wirkung hervor, diese Menschen, welche alle Martern mir zufügten, um sich den edeln Genuß der Schadenfreude zu bereiten, wollten über jene kleine Vergeltung wahnsinnig werden. Aber ich hatte die Bosheit dieser Voltaireschen „Tiger-Affen“ verachten gelernt und befand mich außer ihrer Schußlinie. – Ich gab mir alle ersinnliche Mühe, die Anstifter jener Emeuten, wie ich es schon jenseit des Kanals gethan, so zu entlarven, daß ich sie öffentlich zur Verantwortung ziehen könne, allein immer und immer vergeblich. Ja, wie selten ist es überhaupt den Opfern der Bosheit möglich, für ihre Leiden Genugthuung zu erlangen! Ist das nicht die Klage aller edeln Geister seit Jahrtausenden in Wort und Schrift? und ist nicht der Trost, den selbst die Religion den Duldern für die Leiden dieser Zeit spendet, einer ihrer wichtigsten und schönsten Bestandtheile?

Die Hochzeit wurde mit vielem Pompe gefeiert, und der gefühlvolle Bräutigam nahm über Tafel Gelegenheit, mir eine seiner rohesten Bosheiten zuzufügen; jedoch hatte mir mein Genius auch schon den Balsam für diese Wunde bereitet, und zwar in der Auszeichnung, deren ich bei dem glänzenden Balle Seiten der Landesherrschaft und des höchsten Adels gewürdigt wurde. Die höchsten Personen unterhielten sich längere Zeit auf das huldvollste mit mir, und dies war das Signal für die vornehme Welt, mich der eingehendsten Aufmerksamkeit werth zu finden; man fand zur sichtlichen Befriedigung der Frau v. K., daß