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große Ceremonien auf mein Zimmer. Am nächsten Tage suchte ich Frau v. K. in ihrem Zimmer auf und bat sie, mir die Ursache jener empörenden Behandlung mitzutheilen, und da sie nun das nicht konnte, auch diesen meinen Angriff nicht erwartet hatte, so versuchte sie das allgemeine Despotenmittel: „den unschuldig Entgegnenden zu zerschmettern,“ indem sie sich in ihrer ganzen Höhe aufrichtete und mit aller Kraft ihrer Stimme schrie: „Wie können Sie sich unterstehen, mich wegen ihres beleidigten Stolzes zu incommodiren?“

„Meine Gründe, sagte ich ruhig und bestimmt, sind erstens, weil ich Ihre entwürdigende Behandlung ein für alle Male nicht dulde, und zweitens weil es das Interesse Ihrer eigenen Kinder erheischt, daß Sie Ihrer Erzieherin Achtung erweisen. Von Achtung kann aber nun und nimmermehr die Rede sein, wenn ein Mensch, dessen Gesinnung als Typus der Gemeinheit gilt, mit mir öffentlich ein unwürdiges Spiel treibt, bei solcher Behandlung kann ich unmöglich für das Wohl Ihrer Kinder wirken, Sie vereiteln selbst mein Bestreben, ihren Gemüthern eine religiöse und ästhetische Richtung zu verleihen.“

Frau v. K. schien durch diese Worte ganz besänftigt, versicherte, daß sie mit nichten die Absicht habe, mich zu beleidigen, und hoffte, daß in Zukunft dergleichen Irrungen nicht wieder vorfallen würden. Aber ein gutes Einverständniß kam demungeachtet nicht zu Stande, auch diese Frau war zu undankbar, als daß sie die unermeßliche Mühe hätte würdigen können, die ich mir tagtäglich mit ihren Kindern gab, um sie zu bilden und zu veredeln. Auch diese Dame war der Ansicht, daß ich mit meinem kargen Gehalte ein für alle Male bezahlt und abgefertigt sei. Hingegen hatte ich mir durch meine Witzeleien über die noble Passion des Eierkuchens den wildesten Zorn des geistlichen Herrn zugezogen und mir in ihm einen neuen und gefährlichen Gegner erweckt, der es nicht verschmähte, in seinen gedankenleeren Predigten allsonntäglich mich zu kneipen, sowie ganz unverholen meinen Feind zu spielen. Ich hatte den Humor davon, daß er in seinem blinden Zorne immer daneben hieb. Weil ich z. B. gute Toilette machte, viel gute Garderobe und trotz aller Verluste manchen Schmuck hatte, hielt er mich für eine heimliche Reiche, die aus Habsucht als Gouvernante diene, und rief mir zu: „Bereitet euch Schätze im Himmel, welche nicht Motten und Rost fressen und danach die Diebe nicht graben.“ Oder: „Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke und viele böse