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zugebracht hat. Diese, eine reizende Landestochter, hatte aus dem Polenfeind einen Freund der Polen gemacht. In der Mitte des Teiches, auf einer kreisförmigen, mit Pappeln eingefaßten Insel, steht die Büste des Kaisers Alexander. Statuen besitzt der Garten nicht, sein Zauber liegt einzig in der Natur. Am Ausgange des Thales stößt man auf eine niedliche, im gothischen Style erbaute Kapelle; die Mauer derselben bildet am Fuße eine Grotte, aus der eine Quelle hervor rieselt. Diesen Garten fanden wir fast ganz unbesucht.

An die Lustanlagen von Belvedere stoßen die von Lazienki, in welchem die Galatage mit einem alle Begriffe übersteigenden Glanze gefeiert werden. Dort residirt der Kaiser gewöhnlich. Lazienki ist ein niedliches höchst brillant ausgestattetes, im herrlichsten Styl erbautes Landhaus. Auf der Nordseite steigt es in einer mit Bogenfenstern geschmückten Mauer unmittelbar aus dem kleinen See empor, der die ungefähr 400 Schritte im Umfang haltende Insel umgiebt, auf der es steht. Auf der Südseite liegt vor ihm ein freier Platz, auf welchem ein stolzer Springquell aus einem großen Sandsteinbecken in die Luft steigt. Viele zum Theil werthvolle, meist aber unanständige Satyr-Scenen in Sandstein und herrliche Orangenbäume zieren den Inselplatz, der durch zwei gegenüberliegende Brücken mit dem Lande verbunden ist. Auf ihm befindet sich der zum Palast führende Perron oder Stufeneingang. Ungemein hohe Fenster mit Riesenscheiben geben ihm ein großartiges Ansehen. – Im oberen Stockwerk, zu jeder Seite des Portales, befindet sich ein Balcon, welcher im Sommer mit den prachtvollsten Blumen geschmückt ist. Die Zinne des flachen italienischen Daches ist mit zahlreichen mythologischen Figuren besetzt, die dem reizenden Bauwerke ein stolzes Ansehen geben. Auf den beiden andern Seiten sind lange, überdachte, mit hohen Fenstern und Glasthüren versehene Galerieen angebaut, deren eine mit Bildern und Orangerie geschmückt, die andere, nach den Officiantenwohnungen führende aber leer ist. Ungefähr zweihundert Schritte vor dem Schlosse, an dem linken Ufer des Sees, liegt das Amphitheater. Dieses ist ein halbkreisförmiges Gebäude, in welchem sich schräglinig fünf terrassenähnliche Abstufungen erheben, jede zwei Ellen höher. Vor diesem amphitheatralischen Halbkreise schneidet ein Arm des See’s eine kleine Insel ab, welche als Bühne dient. Auf dem vordersten Theile des Prosceniums erblickt man gebrochene Säulen und Ruinen, welche den Eindruck eines römischen Tempels hervorbringen. Hinter diesem