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Organen der Regierung angefallen, geknebelt und beraubt. Je nöthiger daher dieses Wachsystem dem russischen Gouvernement zur Beaufsichtigung des Volkes und zur Unterdrückung jedes Aufstandes ist, desto unheilvoller ist es für die Bevölkerung der Stadt, und der Haß der letzteren gegen das Russenthum wird dadurch noch gesteigert.

Unsere Wanderung richtete sich jetzt nach der Citadelle, dieser furchtbaren Zwangsjacke von Warschau, welche der Kaiser Nicolaus die Polen „zur Strafe“ selbst bauen ließ, die 1832 angefangen und schon 1835 vollendet ward, natürlich auch auf polnische Kosten. Herr D. hatte sich eine Eintrittskarte verschafft, vermittelst deren wir in dieses kriegerische Heiligthum gelangten.

An dem äußersten nördlichen Ende der Stadt, aber noch innerhalb ihrer Grenzlinien, finden wir das gewaltige Bauwerk, welches trotz seines tyrannischen Zweckes sehr viel zur Schönheit des Bildes beiträgt, das Warschau von der Ost- und Nordseite gewährt. Es liegt auf dem Plateau des Weichselufers und in gleicher Höhe mit der Stadt, von den letzten Häuserreihen nur einige hundert Schritte entfernt. Auf der Südseite hat die Festung vermöge des gemach aufsteigenden Stromufers nur eine unbeträchtliche Höhe, ihre Hauptstärke besteht in den zahllosen, an allen Ecken und Enden hinabzielenden Feuerschlünden. Durch das der Stadt zugewendete Thor gelangt man in einen tiefen künstlichen Hohlweg, der an mehreren Punkten gesperrt werden kann. Hinter einer ungeheueren Zugbrücke gelangt man zu dem Nachthore und auf die feste Brücke des Wallgrabens, in dessen Tiefe man mehrere fensterlose Häuser bemerkt, die als Pulvermagazine dienen. Der innere Raum der Festung bildet ein Viereck von enormer Größe. Zwischen den thurmhohen Gebäuden, welche weit über die Schutzwälle hinausblickten, befinden sich eine Menge großer, freier Plätze, die Hauptgebäude sind zusammenhängend in geraden Linien aufgestellt, so daß sie drei parallel laufende, in einander stehende Quadrate bilden. Die Seite nach der Stadt enthält Niederlagen, Stallungen und Werkstätten, die nach der Weichsel liegende aber Vorrathsgebäude, welche die Garnison im Fall einer Belagerung auf ein Jahr verproviantiren können.

In der Mitte des größten viereckigen Platzes steht ein funfzig Fuß hoher, aus Gußeisen erbauter Obelisk, der dem Andenken des Kaisers Alexander geweiht ist, dessen Namen mit verschiedenen Angaben auf der einen Seite in großen goldenen Buchstaben glänzt. Auf der entgegengesetzten