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Schloß Ph. mit seinen drei Thürmen vor mir, von deren einem eine wappengeschmückte Flagge wehte. – Zwei Bediente empfingen mich an der Thür, halfen mir aussteigen und übernahmen mein Gepäck, während ein Page mich aufforderte, ihm zu seiner Herrschaft zu folgen. Durch eine mit Marmor getäfelte und mit Hirschgeweihen verzierte hohe Halle gelangte ich in den Büchersaal, in welchem sich ein schöner hochgewachsener Blondin bei meinem Eintritt aus einem der Armsessel neben dem Kamin erhob, indem er mir seine Kinder, zwei Knaben und ein Mädchen, im Alter von 7 bis 10 Jahren, als meine Zöglinge darstellte. Herr M. – er war es selbst – bat mich um Entschuldigung wegen Abwesenheit seiner Frau, und auf meine Frage nach ihrem Befinden erwiederte er, daß sie meist leidend sei und sich deshalb auch meist in ihrem Zimmer aufhalte. Dann bat er mich, meine Reisekleider abzulegen, ließ mich dazu auf mein Zimmer führen und forderte mich auf, alsdann wiederzukehren.

Ich würde mich in den vielen Corridors und Sälen dieses großen Schlosses verirrt haben, wenn nicht ein Diener an meine Thür geklopft und mir gesagt hätte, daß aufgetragen sei, worauf er mich zur Bibliothek geleitete. Hier hatte Herr M. alles, was Küche und Keller boten, auftragen lassen, und auch der erfrischende Thee fehlte nicht. Unbeschreiblich malerisch und interessant war die Gruppe, welche dieser jugendliche distinguirte Vater, umringt von seinen ebenfalls schönen und graziösen Kindern, darstellte; aber ich vermißte doch das interessanteste und rührendste Element – die Mutter. Die Mittheilung, daß dieselbe sich meist kränklich in ihren Gemächern aufhalte, war mir überhaupt aus mehr als einem Grunde eine unerfreuliche, und ich bedauerte die Familie, welcher dadurch ihre Fürsorge und Gesellschaft entzogen ward.

Als die Kinder zu Bette geholt worden waren, zog auch ich mich in mein Zimmer zurück, welches mit allen Bequemlichkeiten und vieler Eleganz ausgestattet war, und richtete mich in demselben sogleich ein.

Am folgenden Morgen um acht Uhr ward zum Frühstück geläutet, und meine neunjährige Schülerin Jessy, ein schönes Mädchen mit röthlichem Haar und schwarzen Augen, kam, um mich nach dem Speisesaale zu führen. Hier fand ich schon Herrn M., der bei näherer Betrachtung sechsunddreißig Jahre alt schien, mit seinen beiden Knaben John und James meiner wartend. Auf der prachtvoll servirten Tafel standen silberne Kannen mit Thee und Kaffee, vor meinem Platze brodelte die