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ob ich rein gebeichtet habe, verlas die Absolution und hieß mir beim Abendmahl zu erscheinen. Hier hatte ich die Beschämung, daß er mich überging, und auf mein Anfragen, warum er mir Brod und Wein nicht gereicht, erwiederte er, er sei selbst Prophet. Ich war empört über diesen Hokuspokus und nahm mir vor, diesen Betrügern einen Streich zu spielen. Am nächsten Morgen, als ich mich wieder in die Kirche begeben wollte, nahm ich einen großen schwarzen Kater unter meinen Shawl und ging damit auch richtig in die Kirche. Kaum habe ich mich niedergelassen, so ruft eine Stimme mit geisterartigem Tone: „Eine Mörderin ist unter uns!“ und im Nu waren alle Augen auf mich gerichtet. Dieser elende Versuch, mich zu terrorisiren, kam mir so komisch vor, daß ich nur mit Mühe ein lautes Lachen zurückhielt, denn da ich zur Uebersiedlung nach Amerika entschlossen war, war mein natürlicher Muth zurückgekehrt. Als alles wieder ruhig war, strich ich den Schwanz des Murners rückwärts, worauf er wie eine Baßgeige brummte. Alle lauschten der neuen geistlichen Gabe mit Verwunderung, ich streiche noch ein wenig derber, und jetzt schreit der Kater helle weg, was aber durch den dicken Shawl so gedämpft wurde, daß man den Klang nicht deutlich unterscheiden konnte. Die Propheten und Dolmetscher wollten sich nicht nachsagen lassen, daß sie eine fremde Sprache nicht ausdeuten könnten, und so rief einer: „Die Stimme sagt: Gebet der Kirche euern Mammon, damit sie euch schütze mit ihrer Macht!" – Hierauf strich ich die Katze noch recht tüchtig und ließ sie laufen: sie sprang in blinder Wuth wie ein Teufel mitten unter die Geistlichen hinein, ohne daß jemand wußte, woher sie kam, und war nur mit Mühe zu entfernen.

Patty hatte sich längst durch seine geistlichen Gaben hervorgethan, er stand bei der Geistlichkeit wie bei der Gemeinde sehr wohl, denn er hatte sich sehr gelehrig gezeigt und Niemand ahnete, mit welchem abscheulichen Exceß der Schelm scheiden sollte, ein Mensch, an dem ein solches Wunder verübt worden war. Er hatte sich meine Adresse ganz wohl gemerkt, kam oft, um Handdienste zu verrichten und sich Whisky einschenken zu lassen, und wenn es Morgens war, trug er mir Gebetbuch, Trumeaux und Shawl in die Uebungstunden voraus. An einem solchen Tage, wo er schon ein halb sechs Uhr in großer Geschäftigkeit war, weil er wahrscheinlich kein Geld hatte, rief ich ihn in’s Zimmer, um ihm seinen Lohn zu geben, und sagte, ihm wie gewöhnlich einen