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dem Ausdrucke der innigsten Dankbarkeit ab, nahm von allen meinen Freunden Abschied und schiffte mich mit dem festen Vorsatze ein, sobald als möglich in mein geliebtes Vaterland zurückzukehren.

So hatte ich denn abermals meinem Schicksale rasch und kurzweg eine neue Wendung gegeben, wie es in kritischen Lagen meine Art war. Mein körperlicher Zustand war durch die erwähnten Einflüsse des Klima’s und die immerwährende Furcht vor den Nachstellungen v. T.’s ein derartiger geworden, daß er eine Fortführung meiner bisherigen Beschäftigung unmöglich machte; ganz bedenklich aber schien es mir, als Protestantin eine Gouvernantenstelle einzunehmen, hier hätte mich der Zelotismus der Beichtväter, die in den großen Familien eine entscheidende Stimme haben, sicher gestürzt. Vielleicht hätte ich direct nach Deutschland gehen sollen, allein ich hoffte in England meine pecuniären Mittel noch zu verstärken, um desto wirksamer in meinem Vaterlande auftreten zu können. – Während der Vorbereitungen zu meiner Abreise erfuhr ich, daß Mistreß S. in Folge eines Schenkelbruches gestorben war und mir noch unter Schmerzen die Bitte um Vergebung ihrer Handlungsweise zugerufen hatte. Ich bedauerte unendlich, sie nicht noch gesprochen zu haben, denn wer weiß, was sie mir noch entdeckt hätte! allein der Tod hatte sie als Folge einer Amputation des Beines allzu plötzlich überrascht.




Sechsundzwanzigstes Kapitel.




Als ich in London ankam, war die günstigste Zeit der Season schon vorüber und der größere Theil der vornehmen Welt bereits zerstreut; ich fand jedoch die Marquise von S. noch, welche mir ihre fernere Empfehlung zusagte. Aber bald sollte ich es bereuen, das sonnige Lusitanien mit dem nebeligen Britannien vertauscht zu haben, denn kaum hatte ich diesen Boden wieder betreten, als ich auch die Influvien der englischen National-Eigenschaften des Hochmuthes, Eigennutzes und der Herzlosigkeit sofort wieder empfand. Ich nahm zunächst eine Stelle bei einer Familie R. an, die mich unter einigen dreißig Bewerberinnen