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im Atlantis versunken ist. Das wirkte so nachteilig auf meine Gesundheit, daß ich fast niemals frei von Fieber war. Nicht nur meine Freunde bedauerten mich, sondern viele mir Begegnende sagten gutmüthig: „Quouta dinha!“ oder: „Huma tam boa rapariga nao precisa gastar taes penas!“ – Ich hatte mich aufrichtig an meine Freunde angeschlossen und nahm den wärmsten Antheil an den Schicksalen dieses schönen Landes und seines Volkes, dessen Geschichte zu den innigsten Sympathieen berechtigt, dessen Helden die Banner Portugals in den entferntesten Theilen der Erde aufpflanzten und während zweier Jahrhunderte den Ruhm ihres Vaterlandes in der ganzen Welt erglänzen ließen.

Unter anderen lernte ich auch den sehr populären Edelmann Dom Carlos de M. kennen, dessen Ahnherr mit Silveira de Manoses im 16. Jahrhundert die Herrschaft Portugals in Ostindien behauptete. Dom Carlos war der Typus männlicher Schönheit und ritterlichen Sinnes, er hatte sich schon damals, obwohl noch jung, viel Verdienst um sein Vaterland erworben. Das Schutz- und Trutzbündniß, das Portugal bei der Vermählung Catharina’s von Braganza mit Karl II. mit England schloß, wird wegen der darin bedingten Zinsbarkeit als die Ursache seines Verfalles mit Recht bezeichnet. Man beschuldigt nicht nur das englische Cabinet des unheilvollsten Einflusses auf die portugiesische Regierung, sondern man behauptet sogar, daß englische Emissäre alle nationalen Manufacturen niederbrennen, um die Einfuhr englischer Fabrikate unentbehrlich zu machen. Gewiß ist, daß, so oft ein industrielles Etablissement sich erhebt, es sogleich ein Raub der Flammen wird. Die Portugiesen hassen daher die Engländer und seufzen nach der Befreiung vom englischen Joche.

Anfangs Juli umwölkte sich der politische Horizont, überall ertönten Klagen und Verwünschungen wegen der unerschwinglichen Abgaben und despotischen Maßregeln der Regierung. Die Aristokratie zog sich wieder auf ihre Landgüter zurück und alles trug den Schein innerer Gährung. Graf und Gräfin P. warnten mich vor den schwankenden Zufällen, welchen mein Beruf ausgesetzt war, sie drangen in mich, mir durch den Uebertritt zur Landes-Religion eine unabhängige Stellung zu sichern, indem sie mich zur Directrice des ersten Töchter-Seminars in Lissabon zu machen versprachen. Allein ich war unerschütterlich und lehnte diese wohl gemeinten und wahrhaft großmüthigen Offerten mit