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die Geistlichen als höchstes Verdienst des Menschen und einziges Mittel galt, das ewige Leben zu erlangen, denn diese Menschenklasse hat ihren Einfluß auf die Mächtigen nur zum Unheil für die Menschheit benutzt. So bewogen die Pfaffen auch die sanfte Isabella zur Einführung der scheußlichen Inquisition und grausamen Vertreibung und Ausrottung der Juden.

Der westliche Theil der Plaza de los Algibes ist mit einer sehr hohen Mauer begrenzt, welche die äußerste Ecke der Citadelle, die das „Presidio“ von Granada bildet und deren Thürme jetzt als Staatsgefängniß dienen, von dem bewohnten Theile der Alhambra scheidet. An der entgegengesetzten Seite erhebt sich der großartige Palast Karls V., der jedoch unvollendet ist und zur Aufbewahrung der Kanonen dient. Jener große Monarch ließ mit einer wahrhaft vandalischen Barbarei den schönsten Theil dieses maurischen Baues, den Winterpalast, niederreißen, und diesen dafür erbauen, den er zum Sommerpalast der Königin von Spanien bestimmte. Er bildet ein großes Viereck von edler Architectur, dessen Wände und Portal schöne Friese und Reliefs von weißem Marmor schmücken. An der Stelle der ehemaligen Moschee steht die Kirche der Alhambra, welche jedoch diesem königlichen Baue gar wenig entspricht. Zwischen dieser und dem Palast der maurischen Könige ist eine schöne Promenade von Akazien und Trompetenbäumen mit weißen Marmorbänken, welche nicht wenig zum Schmucke und zur Annehmlichkeit der Festung beitragen.

Vom Thurme der Puerta principal, durch welche wir unseren Einzug gehalten hatten, behauptet man, daß ein arabischer Astrolog ihn erbaut und die Steine dazu den Pyramiden Egyptens entnommen habe. Am Schlußsteine des hufeisenförmigen Bogens, der das Thor überspannt, sieht man das Bild einer kolossalen Hand, und über der innern Pforte der reich mit Arabesken geschmückten Halle macht sich die Figur eines Schlüssels bemerkbar. Die Volkssage behauptet, daß dieses magische Zeichen seien, in deren Macht das Schicksal der Alhambra ruhe. Nach einigen Orientalisten soll jedoch der Schlüssel das Symbol des Glauben, und die Hand das der Ausübung der Gerechtigkeit vorstellen. Die Sage ist indeß sehr poetisch, denn ihr zufolge soll jener Astrolog und Magier die Alhambra unter einen Zauberspruch gestellt haben, nach welchem dieselbe so lange stehen bleiben soll, bis die Hand herab langt und den Schlüssel ergreift; dann wird sich der Hügel der Alhambra