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Kuppel wie die der „zwei Schwestern“, ist aber weniger reich verziert. Florian macht ihn in seinem Roman „Gonsalvo“ zum Schauplatze der Ermordung der Abenceragen. Im Marmorboden bemerkt man Flecken, welche noch von jener Mordnacht herrühren sollen, und in das Bassin der Fontaine sollen die Köpfe der Enthaupteten geworfen worden sein. Boabdil wird von einigen Romantikern von dieser Unthat frei gesprochen, weil er ein schwacher Charakter war, aber Menschenkenner wie Florian und Chateaubriand lassen ihn in seinem wahren Lichte erscheinen, wohl wissend, daß Schwäche und Grausamkeit nur zu oft gepaart sind. Charakterschwäche faßt alles Perfide, Niedrige, Verachtenswerthe in sich, nur die starke Seele vermag sich rein und über äußere Einflüsse erhaben zu halten.

Am äußersten Ende des Serails steht ein Thurm, in welchem ein offener Pavillon steht, Tocador de la Reyna oder das Boudoir der Königin genannt. Seine Fenster sind so angebracht, daß man nach allen Seiten eine andere überaus schöne Aussicht genießt. Gegen Osten blickt man in das üppige Thal des Darro; rechts davon, der Alhambra gegenüber, liegt der Gineraligh mit seinen immergrünen Gärten, von deren 400jährigen Cypressen die Chronisten und Dichter wundervolle Sagen erzählen. Sie behaupten, daß ihre Schatten von den Sultaninnen wegen ihrer Schweigsamkeit zu Scenen ihrer Liebesabenteuer gewählt worden seien. Darüber erhebt sich der schroffe, trümmerbedeckte Hügel der Silla del Moro, und weiter rechts blickt die weiße Schnee-Pyramide des Picacho do Voleta über die Gärten der Alhambra hervor. Der Pavillon ist mit einem niederen, aber geschmackvollen Porticus umgeben. Die unterirdischen Bäder dieses Palastes sind sehr schön und sogar die Wasserbehälter einiger aus Marmor; diese Verschwendung des kostbaren Materials ist hier weniger zu verwundern, da die Riesenkegel der Sierra Elvira einen unerschöpflichen Schatz davon enthalten. In einem Saale des Palastes sahen wir die lebensgroßen Portraits der Hauptpersonen des Krieges von Granada, worunter das der Königin Isabella am hervorragendsten ist. Sie hat ein höchst geistreiches, aber wohlwollendes Gesicht, und in ihren großen blauen Augen spricht sich die Begeisterung für alles Große und Schöne aus. Hellbraune Locken umwallen ihr edles Gesicht, welches der Typus königlicher Würde, gepaart mit Sanftmuth und Herzensgüte ist. Es ist Schade, daß diese hochherzige Königin in einer Zeit lebte, wo unbedingter Gehorsam gegen