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Blumenketten durchschlungen. Dieser Hof heißt el Patio de la Alberca oder del gran Vivero; in seiner Mitte befindet sich ein großes Wasserbecken, 130 Fuß lang, welches von zwei Fontainen gefüllt wird und von Rosen-, Oleander- und Myrthenhecken umgeben ist. Dem Eingange dieses Hofes gegenüber führt eine schönere Pforte als die erstgenannte nach dem Patio de los Leones, dem Haupthofe des Palastes. Dieser ist ein regelmäßiges Viereck, das ein von 168 Marmorsäulen getragener Porticus umschließt, mit zwei vorspringenden Hallen, deren Säulen durch ausgezackte, halbmondförmige Bogen verbunden sind. Auch hier sind die Simse mit arabischen Inschriften versehen, die Worte des Korans enthaltend: Es giebt keinen Gott außer Gott. In der Mitte dieses prachtvollen Hofes steht die Fuente de los Leonos, von der er seinen Namen hat. Es ist dies eine colossale alabasterne Schale, die von zwölf Marmorlöwen getragen wird und aus deren Mitte sich eine zweite kleinere Schale – beide mit Arabesken in Basrelief verziert – auf einem runden Piedestal erhebt. In ihrem Centrum trägt sie eine Pyramide, aus deren Spitze ein mächtiger Wasserstrahl emporspringt, der von einer Schale in die andere fallend, endlich wieder aus den Rachen der Löwen hervorströmt. Diese Löwen sind indeß sehr plump gearbeitet und beweisen, daß die Araber es nicht weit in der plastischen Kunst gebracht hatten. In der östlichen Galerie des Porticus sieht man den romantischen Kampf der vier Zogries mit den vier castilianischen Rittern, durch welchen die Schuld oder Unschuld der zum Flammentode verurtheilten Gemahlin Boabdils offenbar werden sollte, auf Goldgrund an die Wand gemahlt. Es sind dies eben auch keine Meisterstücke der Malerei und werden von Vielen den Mauren zugeschrieben; wer jedoch mit den Grundsätzen der mahomedanischen Religion bekannt ist, wird nicht in diesen Irrthum verfallen, denn er weiß, daß der Islam verbietet, Menschen zu malen, indem er sagt: die Gemälde werden einst von ihren Schöpfern Seelen fordern. – Dieser Hof ist der Schauplatz vieler romantischen Scenen gewesen, die uns in Chroniken und Balladen aufbewahrt worden sind. Hier war es, wo der Gesandte Isabellens, Don Juan de Vera, sich mit einigen Abenceragen in ein Gespräch über die Lehren der römischen Kirche einließ; ein Maure machte dabei eine spöttische Bemerkung über die Jungfrau Maria, worüber der spanische Ritter so erboste, daß er ihn mit seinem Schwerte zu Boden schlug. Im nächsten Augenblicke waren alle maurischen