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Schatten zu beschreiben, welche diese verschiedenen Alpen hervorbringen und annahmen, aber der Eindruck ist unvergeßlich schön.

Unser Wagen flog die vielfach gewundene Straße in das Thal hinab, aus welchem man wieder auf die waldige Höhe der Sierra Elvira und der Montas do Granada hinaufsteigt, von denen wir die paradiesischen Gefilde der Vega mit ihren zahlreichen Ortschaften und Fruchtpflanzungen vor uns ausgebreitet sahen. An ihrem südlichen Ende, dicht an den hoch gen Himmel ragenden Eiszinnen der Sierra Nevada, streckten sich die braunrothen Thürme der Alhambra, und zu ihren Füßen prangte die maurische Königsstadt Granada. Die Sonne stand schon tief am westlichen Himmel und goß ein purpurnes Licht über die ganze Landschaft, während die Sierra de Elvira lange dunkle Schatten auf die smaragdene Ebene von Santa Fe hinwarf. Die Luft war so dünn und durchsichtig, daß wir die verschiedenen Kegel der entferntesten Gebirgsketten unterscheiden konnten, und diese Perspective verlieh der Gegend etwas höchst magisches.

Granada ist von unzähligen Landhäusern umgeben, durch welche fahrend wir in die Vorstadt von Elvira gelangten, und bald darauf über die Plaza del Triumfo fuhren. Von diesem erzählt die Geschichte, daß die Königin Isabella am 6. Januar 1492 ihr siegreiches Heer hier musterte, ehe sie ihren triumphirenden Einzug in die Stadt hielt.

Wir stiegen in der Fonda do Minerva ab, wo wir sehr schöne Zimmer nebst vortrefflicher Bewirthung fanden, und da es schon spät am Tage war, benutzten wir die Zeit, um Notizen niederzuschreiben. Glücklicher Weise hatte ich mich in London auf eine Reise in Portugal und Spanien vorbereitet, mich auch mit einigen vorzüglichen Werken versehen, welchem Umstande ich allein es zu danken hatte, daß ich mit einem wahren Erfolge reisen konnte. Die meisten Menschen glauben, daß das Reisen ein bloßes Vergnügen sei, aber solche werden auch keinen höheren Gewinn davon nach Hause bringen. Um auf diesen rechnen zu können, muß man sehr umfängliche historische, politische, ethnologische, kunstgeschichtliche und geographische Studien machen, man muß ferner während der Reise sehr aufmerksam betrachten, fleißig aufzeichnen, unaufhörlich forschen und seine Sammlungen täglich durchsehen. Das wird denn oftmals äußerst mühsam, ja beschwerlich, bei Fußreisen geradezu aufreibend.

Zu meiner großen Freude brachte uns Herr D. am nächsten Tage