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in halbmondförmigen Feldern herrliche Basreliefs, Scenen aus dem Leben Christi darstellend.

Die Frauen der niederen Klassen tragen hier einen rothen Tuch-Manto mit schwarzem Sammetband besetzt über den Kopf, der in weiten Falten über die Schultern herabfällt. Die Männer haben den hohen andalusischen Spitzhut, kurze Beinkleider und Jacken; der Ausdruck ihres Gesichtes ist ernster als bei anderen Andalusiern. Frauen von Stande tragen hier wie in ganz Spanien die Mantille, und erscheinen überhaupt nie anders als in schwarzer Kleidung auf der Straße. Wo wir hinkamen, erregte unsere Tracht Aufsehen, aber nirgends ward sie bewundert, und man kann annehmen, daß die Spanierinnen einen viel zu intuitiven, klassischen Geschmack haben, als daß sie unsere Moden in dieser Beziehung nachahmen sollten.

Wir schieden von dieser alten Stadt mit weniger Bedauern als von den andern Städten, denn der Eindruck, den sie auf uns gemacht hatte, war weniger wohlthuend, als derjenige, welchen diese auf unser Gemüth hervorgebracht hatten. Unsere Straße ging jetzt bergab und brachte uns wieder in ein reizendes Thal, dessen Wände hier und da eine maurische Ruine, ein schönes Castell oder eine Windmühle bekränzte. Ueberall sah man die herrlichste Vegetation, mit der die Natur diese einzige Gegend abgöttisch überschüttet hat. Hier giebt es ganze Wälder von Maulbeerbäumen und in der Umgegend bedeutende Seidenspinnereien. Bei Campillo do Arenas trafen wir auf eine Zigeunerbande, welche im Schatten schöner Pistazien und Pinien lagerte, während ihre Maulthiere umher graseten. Einige derselben waren beschäftigt, an einem großen Feuer das Mahl zu kochen, andere spielten Karte, und die Weiber warteten Kinder oder lagerten müßig umher. Einige naheten sich unserem Wagen und erboten sich, uns wahrzusagen. Wir machten indeß keinen Gebrauch von diesem Anerbieten; bald darauf erreichten wir den von malerischen Bergen eingeschlossenen Ort Campillo do Arenas, wo wir ein aus köstlichen Fischen bereitetes Mahl einnahmen. Als wir dieses Thal hinter uns hatten, erhielten wir eine reizende Aussicht, wohin wir blickten, malerische Bergkämme am Horizonte, von denen die Sierra Nevada mit ihren schneegekrönten Kuppen, um deren Stirn die Sonne Rosenkränze schlang, die malerischeste Wirkung hervorbrachte. Es ist unmöglich, sich einen Begriff von der Schönheit dieser Landschaft zu machen oder die vielen Gestalten, Farben und