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trivialer Gegenstände überladen. Die Zelle der Schwester zu sehen, war uns gestattet, es war ein sehr kleines Stübchen mit einem harten Bett, einem Tisch mit Crucifix, einem Stuhl und einigen Wasserfarben-Bildern. Der Garten hingegen war sehr schön und groß, hatte herrliche Gänge von Weinstöcken, Granaten, Orangen, Feigen und andern köstlichen Fruchtbäumen, dabei bot er alle Bequemlichkeiten und Reize, welche man in den Gärten der Reichen findet. Während wir uns hier umsahen, kamen ein Paar Laienschwestern mit Theebrettern und setzten sie in einer schönen Laube ab, worauf uns die Gouvernante bat, die Gastfreundschaft des Klosters zu genießen. Zugleich machte sie die Honneurs mit einer bezaubernden Liebenswürdigkeit und Anmuth. Die Erfrischungen bestanden aus einem Krug Mandelmilch, einem wohlschmeckenden Gemisch von Fruchtsaft und Rahm, Butterbrod und Früchten. Die Nonnen sprachen jedoch sehr wenig und mit einer Gemessenheit, welche eine Annäherung unmöglich machte. Als wir das Kloster verließen, machte Herr D. der Armenkasse ein bedeutendes Geschenk, was die Gouvernante nicht ungern zu sehen schien.

Gegen Abend besuchten wir die schöne Alameda, die längs des Guadalquivir hinläuft, und hatten das Vergnügen, sehr viele schöne Andalusierinnen zu sehen. Sie beschäftigten sich sehr graziös mit ihren Fächern und entfalteten eine meisterhafte Gewandtheit in der Koketterie, die an ihnen aber den harmlosesten und naivsten Charakter hat. Da die Frauen hier meistens groß und durchaus graziös sind, so glänzen sie hauptsächlich wenn sie sich bewegen, und keine Frau versteht sich so majestätisch zu halten, ohne steif zu sein, und so schwebend zu gehen wie sie. Das Schwänzeln ist überhaupt bei den Spanierinnen nicht Mode. Die Männer sind so schön wie die Frauen, und ihre Formen durchaus galant und rücksichtsvoll. Ich habe sie ferner nie anders als gutmüthig und edeldenkend gefunden, so daß ich den gefährlichen Ruf der Spanier eigentlich nicht begreife.

Abends besuchten wir das Theater, welches weder groß noch schön war, fanden aber nichtsdestoweniger eine sehr gute Schauspielertruppe, die uns durch ihre Talente entzückte. Das Stück gab uns einen tieferen Blick in das Familien- und Gesellschaftsleben und zeigte, mit welcher List die Spanierinnen zu ihrem Ziele zu gelangen verstehen und die Männer sich an ihren Nebenbuhlern rächen. Ein Lustspiel, ebenfalls sehr gut gespielt, folgte, und zuletzt wurden verschiedene charakteristische