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B. suchte mich aufzurichten, indem er mit herzlichem Tone sagte: „Werden Sie nicht muthlos, Sie sind jung und talentvoll, alles kann noch gut werden. Ich habe Sie dem Grafen L. C. empfohlen, weil ich von Ihrer Sittenreinheit vollkommen überzeugt bin, und wenn Sie die Stelle annehmen, haben Sie eine der angenehmsten Positionen, können sich glücklich verheirathen oder, wenn Sie das nicht wollen, sich ein Kapital sammeln, mit dem Sie sich einst unabhängig machen können.“

„Die Stelle bietet mehr Schwierigkeiten wie jede andere, erwiederte ich; erstens weil die Verhältnisse der geselligen Einrichtung entgegen sind und ich durch Annahme dieses Engagements leicht die Achtung aller meiner Freunde verscherzen könnte. Zweitens habe ich einen anderen Maßstab für Bildung und Sittlichkeit als meine Prinzipale, folglich würden aus unserem Zusammenleben nur Dissonanzen entstehen, mithin das Ziel verfehlt werden.“

„Wenn ich Ihnen auf irgend eine Weise dienen kann, sagte Herr B. etwas verstimmt, so wenden Sie sich getrost an mich, es soll mich stets freuen, Ihnen Beweise meiner Achtung und Sympathie geben zu können.“

Nach seinem Weggange verfiel ich in dumpfes Hinbrüten über Schicksal und Menschen; die darauf folgende Nacht reichte mir weder Ruhe noch Stärkung, denn ich verbrachte sie weinend.

Als ich am nächsten Morgen nach dem Postplatze ging, um mich nach Cintra einschreiben zu lassen, begegnete mir Herr B., welcher auch dorthin wollte, weshalb wir mit einander gingen. Wir passirten einige gute Straßen und schöne Plätze, wobei ich nicht umhin konnte, das schlaffe, träge Wesen der Portugiesen mit dem rastlosen, maschinenartigen Treiben und Laufen der Engländer zu vergleichen. Sie saßen und standen sowohl in Gruppen wie einzeln vor den Kaffeehäusern und Läden, oder schlenderten umher, aber überall müßig; ebenso faul standen und lagen sie an den Fenstern, auf den Altanen. Ich war aber weit entfernt, zu glauben, daß das portugiesische Volk dem englischen an Betriebsamkeit oder Intelligenz nachstehe, denn ich hatte an v. T. und anderen Portugiesen eine seltene Energie, Ausdauer und Scharfsinn bemerkt, ich wußte auch zu gut, daß ein unterjochtes Volk, an dessen Mark überdies noch die Engländer zehren, sich nicht froh und kräftig bewegen kann. Mir blutete das Herz, als wir durch elende Gassen fuhren, deren Bewohner halb nackt, mager und elend wie ihre Wohnungen