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zwei Tage zuvor erhalten hatte. Sonderbar! in diesem Briefe schrieb v. T. unter anderem: „Ich schreibe Dir am Krankenbette meiner Schwester, die vielleicht nur noch wenige Wochen zu leben hat; mein Interesse aber fordert, daß ich bei ihr bleibe. Ich bin selbst krank vor Sehnsucht nach Dir, o könntest Du doch kommen, und mich all’ der nagenden Sorgen um Dich überheben, so würde ich meinen Geschäften mit zehnfacher Energie nachgehen können.“ Ich fühlte mich durch diese Worte beruhigt und gestärkt, ein süßer Schlummer umfing meine erschöpfte Psyche.

Am Abend des zweiten Tages lud uns Herr H. ein, in Vigo einige Tage zuzubringen, indem er uns sein Haus zur Verfügung stellte und viel Unterhaltung versprach; Mistreß St. lehnte jedoch das freundliche Anerbieten ab. Damit ließ sich aber Herr H. lange noch nicht abspeisen, sondern er machte mir am nächsten Tage einen förmlichen Heirathsantrag, den ich natürlich mit der größten Schonung ablehnte. Hierauf wandte er sich an Frau St. und bat sie, die Fürsprecherin bei mir zu machen, wovon sie jedoch nichts wissen wollte. Von nun an hielt sich dieser wirklich angenehme Gesellschafter etwas entfernter von uns, blickte mich aber von Zeit zu Zeit so trübsinnig an, daß mir selbst ganz wehmüthig um das Herz wurde. Wie wäre mir erst geworden, hätte ich nur in die nächste Zukunft blicken können, die einen schrecklichen Gegensatz durch die Entdeckung eines schwarzen Verrathes zu dem heiteren Loose bildete, welches mir mein Schicksal in dem liebevollen Antrage dieses wackeren Mannes bot.

Am vierten Tage kamen wir auf der Höhe von Corunna an, welches in den Strahlen der aufgehenden Sonne ein herrliches Panorama bildete, belebt von vielen Booten, die uns frische Lebensmittel zuführten. Hier blieb das Schiff eine Stunde liegen, um Passagiere aufzunehmen, und wir benutzten diese kurze Zeit, um Spaniens Erde zu betreten. Es war noch sehr früh, und die ganze Natur trug noch die Feierlichkeit und Frische, die den Morgen so lieblich kennzeichnen. Die Stadt Corunna bildet einen Halbkreis glänzend weißer Häuser mit grünen Jalousieen und blumengeschmückten Veranden, welche schwebenden Gärten gleichen. Die ganze Gegend scheint überhaupt ein Garten, und die in einiger Entfernung sich erhebenden Berge bilden den schöngeformten Rahmen dieses lieblichen Gemäldes. Wohin das Auge nur blickt, überall begegnen ihm Schönheit und Glanz. – Wir sahen hier