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künstlich angelegten Gartenparthieen erinnern unwillkührlich an Versailles, aber dieses wird von Wilhelmshöhe durch seine herrliche Lage bei weitem überboten. An diesen Prachtschöpfungen der Fürsten zeigt sich die Allmacht der Natur gegenüber der schwachen Menschenhand recht drastisch, fast tragisch. Eine einzige Fernsicht in die Gebirgswelt, ein hoher Fels auf steilem Bergesrücken, der Blick von einem Hügel über den See, der Wald mit dem schäumenden Sturzbache und dem wilden Geklüft ist mehr werth als alle Schöpfungen sämmtlicher Baumeister und Gartenkünstler. – Das noch höher liegende Schloß Löwenberg ist noch weit weniger geschmackvoll und enthält eine Menge grotesker und phantastischer Gegenstände, die mehr kurios als sinnreich sind. Merkwürdig ist die Bildsäule des Herkules von Bronze, in dessen Keule ein Engländer gefallen und darin fast umgekommen war. Nachdem wir uns einige Tage in Kassel aufgehalten hatten, reisten wir über Düsseldorf und Elberfeld, welche Städte ungeachtet ihrer großen Industrie die charakteristische Freundlichkeit meines schönen Vaterlandes beibehalten, während alle englischen Fabrikstädte ein trauriges, gefängnißartiges Ansehen haben. Wo wir konnten, benutzten wir die entstehenden Eisenbahnen. Da das Wetter meist rauh und naß war, gingen die Schönheiten der Natur und Civilisation uns meist verloren und Miß M. fing an, die englischen Comforts und Luxusartikel zu vermissen und Sehnsucht nach der Heimath zu empfinden.

Zwischen Aachen und Lüttich passirten wir den ersten Viaduct, den wir noch gesehen hatten, und es ergriff uns ein Schwindel, als wir in den Abgrund blickten, über welchen derselbe geworfen war. In Lüttich gedachten wir unseres Abentheuers mit den Mäusen und kehrten in der Hoffnung auf größere Bequemlichkeit im Hotel d’Angleterre ein. Hier stand das ganze Haus zu unserer Verfügung, weil in dieser Jahreszeit schon kein einziger Fremder mehr vorhanden war, und da man aus diesem Grunde schon alle Kellner entlassen hatte, so erschien bald nach unserer Ankunft der Koch in seiner weißen Mütze und Schürze, mit aufgestreiften Hemdärmeln, um uns bei Tische zu bedienen. Es war ein gutmüthiger Wallone, der daran Vergnügen fand, uns zu stopfen, denn er begnügte sich nicht damit, uns zum Essen zu nöthigen, sondern er drang uns seine Speisen mit der komischsten Beharrlichkeit auf. Tenez, faut manger ça, Mesdames, c’est un paté aux grives, que j’avons fait v’la deux jours! rief er, indem er uns wiederholt trotz