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.סדר וילך Parascha IX.

[1] Cap. XXXI. V. 14. Der Ewige sprach zu Mose: Siehe, es nahen sich deine Tage.

Halacha. Darf wohl ein Israelit, wenn noch die Leiche vor ihm liegt, beten? So haben die Weisen gelehrt: So lange der Todte vor ihm liegt, ist er des Lesens des Schema’s und des Gebetes enthoben. Und warum haben unsere Rabbinen so gelehrt? So lange er den Gegenstand seines Schmerzes (eig. solange er sein Leid) vor sich sieht (vor Augen hat), ist sein Sinn getheilt (abwesend, er besitzt nicht die erforderliche Stimmung), wohl aber, wenn er begraben ist, und während der sieben Trauertage ist er zur Beobachtung aller Gebräuche verpflichtet. Von wem kannst du das lernen, dass es sieben Trauertage giebt? R. Abba bar Abina sagte: So finden wir es bei Joseph s. Gen. 50, 10: „Und er stellte um seinen Vater an eine Trauer von sieben Tagen“ mit Einschluss des Sabbaths. R. Jose bar R. Sebida im Namen des Resch Lakisch sagte: Du kannst das auch noch von einer andern Stelle lernen, nämlich aus Amos 8, 10: „Ich verwandle eure Festtage in Trauer.“ Wie die Tage der Festfeier sieben sind, so sollen auch die Trauertage sieben sein. Unsere Rabbinen erzählen: Es war zur Zeit des R. Simeon ben Chalaphtha, da ging derselbe zu einem Beschneidungsfeste und nahm Theil an dem Mahle. Der Vater des Kindes schenkte ihnen siebenjährigen alten Wein ein. Von diesem Weine, sagte er, werde ich einst auch bei der Hochzeit meines Sohnes credenzen. Sie hielten Tafel bis zur Mitternachtsstunde. R. Simeon ben Chalaphtha, der sich auf seine (sittliche) Kraft verliess, ging um Mitternacht nach seiner Stadt zurück. Da traf ihn der Todesengel und er sah ihn verändert (verdriesslich). Wer bist du? fragte er ihn. Ich bin ein Abgesandter Gottes! lautete die Antwort. Warum bist du so verändert? fragte er ihn weiter. Ueber die Reden der Leute, erwiederte der Todesengel, dass sie sprechen, das und jenes (eig. so und so) vorzunehmen, da doch keiner weiss, wenn der Tod an ihn herantritt. Dieser Mann, bei dem du gespeist hast, hat zu euch gesagt: Mit diesem Weine werde ich zur Hochzeit meines Sohnes credenzen, da doch die Zeit seines Abscheidens schon nach dreissig Tagen eintreten wird. R. Simeon sprach: Zeige mir meine Scheidestunde an! Der Engel antwortete: Ueber dich und deinesgleichen habe ich keine Gewalt, manchmal hat Gott Wohlgefallen an euren guten Werken und setzt euch zu eurem Leben hinzu, wie es heisst Prov. 10, 27: „Gottesfurcht vermehrt die Tage.“ Die Rabbinen sagen: Es fällt Gott schwer, den Tod über die Gerechten zu verhängen, wie es heisst Ps. 116, 15: „Schwer (kostbar) in den Augen des Ewigen ist der Tod seiner Frommen.“ Du kannst es auch daran erkennen,

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August Wünsche (Übersetzer): Debarim Rabba. Otto Schulze, Leipzig 1882, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DebarimRabbaGermanWuensche.djvu/106&oldid=- (Version vom 31.7.2018)