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Lippstatt / Lippia, Lipstadium,

Diese Statt hat von dem Fluß Lippe / daran sie / vnd zwar drey Meilen von Paderborn gelegen; oder auch von den Graffen zur Lipp selbsten / den Namen / weiln solche / sampt dem Land herumb / ihnen / vor der Zeit / gantz gehöret hatte. Vnd solle vmbs Jahr Christi 1150. Graff Bernhard von Lippe diese Statt erbawet haben. Sie ligt gar wol / vnd zur Handthierung bequem / vnd treibet allerley Gewerb / sonderlich / mit Holtz / zu Machung der Schiff / dienlich. Die Bürger seyn anschlägig / auch dapffer / vnd gehören in den Hanseatischen Bund / vnd haben gute Nahrung vom Ackerbaw / auch nicht geringen Lust / vnd Nutzen / von dem gedachten Fluß Lippia. Dieweil Graff Bernhard der II. diß Namens zur Lipp / beständig bey dem in die Acht erklärten Hertzog Heinrichen dem Löwen zu Sachsen / gehalten / so seyn deßwegen seine schöne Länder an der Lipp / so sich von dem Lippesprung / vnter dem Teutenburger Wald / biß in das Stifft Münster / vnnd auff jenseit / biß an die Graffschafft Arnspurg erstreckten / vom Keyser Friderico I. den Bischoffen zu Cölln / vnd Paderborn / Anno 1182. geben worden / vnnd blieben ihme daselbst allein vbrig / die Statt Lipp / vnd das Hauß / oder Schloß Lipperoda / oder Lipperade / so jetzt für eine Vestung gehalten wird. Vnd solche Statt Lipp hat er zuvor / auff Einwilligung deß Keysers / vnd deß Reichs / erst erbawet gehabt; die aber Anno 1310. gantz außgebronnen / vnd von newem wider hat gebawet werden müssen. Sie wurde hernach von den Graffen zur Lipp / dem Hertzogen von Cleve / vnd der Graffschafft Marck / zum halben Theil / für acht tausend Marck löhtiges Silbers verpfändet: Vnd als hernach Graff Bernhard der Sechste / vnnd Streitbare zur Lipp / der Statt Soist zum besten / sich wider den Ertzbischoff Dieterichen von Cölln / mit dem Hertzog Johann von Cleve verbunden / so haben die beyde Brüder / Bernhard / vnd Simon / Graffen zur Lipp / besagte halbe Statt Lipp / sampt Zugehörde / erblich vberlassen. Daher der Ertzbischoff auff solche zugezogen / vnnd alles herumb verderbt hat. Vnd als er die Böhmen / vnd andere Völcker / deren Feld-Obrister Hertzog Wilhelm von Sachsen war / An. 1447. zum Beystand bekommen / haben sie die Statt Lipp hart belägert / aber sie nicht gewonnen: Daher die alten Verß in der Oldenburgischen Chronic Johannis Schiffhoveri:

Lippenses Cives, simul cum paupere dives,
Sunt digni laude, tota Westphalia gaude,
Quod sic steterunt Lippenses, nec perierunt.

Als die Böhmen abgedanckt wurden / hat besagter Ertzbischoff / diese Statt / mit seinen Völckern / Anno 1448. wider / aber / abermals vergebens / belägert. Zun Zeiten Lutheri, hat die Statt sich auch bald zu seiner Lehr begeben / wurde aber von ihren Herren / als dem Hertzoge von Cleve / vnd Graff Simone V. zur Lippe / der hernach 1536. gestorben / belägert / vnd muste die Statt damaln die Evangelische Prediger wider abschaffen. Aber da folgends deß Graffen hinderlassene Kinder / selbsten zur Augspurgischen Confession tratten / so hatte dessen auch die Statt Lipp zugeniessen. Gegen vber dieser Statt / ligt Lipperade / ein Flecken / sampt einem Schloß / dessen bereits oben erwehnt worde / vber welches die Grafen zur Lippe völlig herrschen / welches Schloß mit grossem Vnkosten erbawet / aber newlich zerstöret worden / wie Werdenhagen / part. 4. c. 7. p. 41. berichtet. Anno 1615. ward sie von den Brandeburgischen / wegen Zuspruch an den Clevischen Landen: Anno 16. von den Spanisch- vnd Newburgischen: Anno 22. vom Hertzog Christian von Braunschweig (wider welchen sie die Statt / Hülff bey den Hansee Stätten gesucht /) vnd Anno 23. abermals von den Spanisch- vnd Newburgischen / mit Accord eingenommen. Nachgehends hat sie wollen Neutral seyn; gleichwol Anno 1633. im Decembri / Hessische Besatzung eingenommen / vnd ist folgends dieser Ort von den Hessischen gar vest gemacht worden / welche es mit ihrer Guarnison besetzt / vnd annoch innen haben. Eine Meil Wegs von dieser Statt / ligt das Benedictiner Kloster Lißborn / allda deß lieben alten Simeonis, der den HERren Jesum auff seine Arm genommen / Arm / mit grosser Ehrerbietung auffbehalten wird / dessen halber Theil von dem Abt allhie / Anno 1621. dem Ertzhertzogen Alberto zu Oesterreich / vnd seiner Gemahlin / Frawen Isabellae Clarae Eugeniae, Infantin in Hispanien / verehret worden. Der vbrige Cörper ligt in der Hauptkirch der Statt Jadra, oder Zara, in Liburnia, die den Venedigern gehörig ist: Wie zwar Miraeus inn Fastis pag. 579. berichtet.


Lünen /

Ligt an der Lippe / nahend Werne / vnd ist ein fürnehmer Paß vber den Lippstrom ins Stifft Münster. Man rechnet von hinnen nur eine grosse Meil nach Dortmund / wird vnter die Ort der Graffschafft Marck gerechnet. Ist ein kleines Stättlein / so in diesem Krieg von beyden Partheyen viel außgestanden / vnd haben solches ein weil die Keyserisch- vnnd Ligistische; eine weil die Schwedisch- vnd Lüneburgische Vnierte / erobert. Aber Anno 1637. haben die Hessischen es vergebens angegriffen.

Empfohlene Zitierweise:
Matthäus Merian: Topographia Westphaliae. Frankfurter Kunstverein, Frankfurt am Mayn 1647, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_merian_Westphaliae_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)