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Die Leute murmeln von schwerem Einbruch und Raub; der Kerl kuckt herausfordernd nach rechts und links, jetzt lacht er gar, grell und gezwungen, und wie ein Blitz fährt es mir durch den Kopf; Herrgott, das ist ja der Mensch von neulich abends! Heute nun verdirbt er mir den Frühlingsmorgen.

Ich folge unwillkürlich seinen Blicken, – ach ja, da steht auch sie an dem Torweg drüben, mit ihrem sanften dummen Gesicht, stumm und versteinert, die Hände abwehrend vorgestreckt, die Augen noch weiter vorstehend als auf dem Bilde, ohne Locken heute, die Backen schmal und eingefallen. Sie trägt keinen Hut, kein Tuch; sie ist barhaupt und hat eine Nähschürze um, als sei sie nur gerade so von der Arbeit aufgesprungen und herausgelaufen, um das Schreckliche zu sehen.

Eben treibt ein Bauernbursche ein ausgedientes Pferd heran, gerade auf sie zu. Ach so, über dem Hoftor dort steht ja zu lesen: Roßschlachterei. Das elende Tier kommt kaum vorwärts, es ist, als ahne es die Schlachtbank; es möcht an dem Torweg vorüber, aber der Bursche hebt den Stock und haut es erbarmungslos auf den hageren Rücken, aus dem die Knochen hervorstehen. Das Pferd bäumt sich schwach, doch als er wieder schlägt, stöhnt es laut auf, und auf einmal begegnen sich die Augen der beiden mißhandelten Kreaturen, die des Tieres und

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Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/102&oldid=- (Version vom 31.7.2018)